Nichtkommerzielle Studien in Deutschland voranbringen
Rede zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts zum Antrag "Nichtkommerzielle klinische Studien in Deutschland voranbringen"
René Röspel (SPD):
Klinische Studien sind ein existenzieller Bestandteil der modernen Gesundheitsforschung.
Sie
tragen maßgeblich dazu bei, dass unser Wissen über die Entstehung und
den Verlauf von Krankheiten wächst. Erst die Überprüfung von
therapeutischen sowie diagnostischen Verfahren in einem kontrollierten
Umfeld schafft die Voraussetzungen für eine fundierte Bewertung etwa
von Arzneimitteln.
Grundsätzliches Ziel des von den
Koalitionsfraktionen der SPD und der CDU/CSU eingebrachten Antrages ist
es, Studien aus dem wissenschaftsinternen Bereich zu fördern, die nicht
etwa im Rahmen einer Arzneimittelzulassungsprüfung durchgeführt werden
sollen, jedoch neue Erkenntnisse generieren könnten. So kann hier durch
staatliche Finanzierungshilfen Wissen entstehen, welches allein durch
die Aktivitäten der Pharmaindustrie nicht entstehen würde.
Der
Bereich der nichtkommerziellen klinischen Studien ist ein gutes
Beispiel für die Notwendigkeit einer staatlichen Grundlagenforschung.
Es gibt nun einmal bestimmte Forschungsfelder, die durch Unternehmen
nicht bearbeitet werden, da hier keine Gewinne erwartet werden. Diese
Bereiche werden dann auch noch zu selten etwa an Universitäten
beforscht, da etwa die Kosten zu hoch sind. Hier muss der Bundestag
Hilfe bereitstellen, damit mehr nichtkommerzielle klinische Studien in
Deutschland durchgeführt werden können.
Zwar werden schon seit
Jahren nichtkommerzielle klinische Studien durchgeführt. Durch
Verbesserungen im Zuge der 12. und 14. AMG-Novelle haben wir bereits
vor einiger Zeit die Anforderungen an Sicherheit und Qualität dieser
Studien angepasst.
Im Rahmen des Antrages wurde versucht, den
immer sehr schwierigen Ausgleich zwischen der Vermeidung von
überflüssiger Bürokratie und notwendigem Probandenschutz zu schaffen.
Grundsätzlich gilt, dass der Schutz der Probanden aus Sicht unserer
Fraktion immer Vorrang haben muss. Wir haben daher in unseren Antrag
die Forderung nach der Etablierung eines standardisierten,
vereinfachten Meldesystems für Nebenwirkungen aufgenommen.
Als
Forschungspolitiker interessieren mich selbstverständlich insbesondere
die forschungs- und wissenschaftspolitischen Aspekte von
nichtkommerziellen klinischen Studien. An erster Stelle denke ich
hierbei an das nächste Gesundheitsforschungsprogramm der
Bundesregierung.
Diesbezüglich fordert unser Antrag, dass man
die krankheits- und patientenorientierte Forschung weiter stärken muss.
Auch sollen Förderinstrumente entwickelt werden, um eine
Anschubfinanzierung für nichtkommerzielle klinische Studien
bereitzustellen. Ich bin mir sicher, dass die zuständigen
Bundesministerien unsere Anregungen aufnehmen werden und bei der
Ausgestaltung des Programms diese Forderungen entsprechend in die
Projektgestaltung einfließen lassen werden.
Auch sage ich ganz
klar, dass wir die Ausbildung von medizinischem Personal verbessern
müssen, damit jene leichter Studien durchführen können. Hierzu zählt
auch die Möglichkeit, Personal für die Durchführung von klinischen
Studien freizustellen. Denkbar wäre auch, dass man Erfahrungen in der
Durchführung von klinischen Studien positiv bei der Bewertung zum
Beispiel von Bewerberinnen und Bewerbern etwa bei
Stellenausschreibungen berücksichtigen könnte. Oder aber man bindet
gewisse finanzielle Anreize an Erfahrungen mit klinischen Studien. Hier
sind selbstverständlich nicht in erster Linie die Politik, sondern die
Arbeitgeber gefordert.
Wir wollen, dass die Ausbildung für
klinische Forscher und für das beteiligte Personal ausgebaut und
qualitativ verbessert wird. Die Investitionen, die man hier tätigt,
werden unserer Gesellschaft und hier insbesondere den Patientinnen und
Patienten auf viele Jahre hinaus zugutekommen. Langfristig könnte es
sogar sein, dass die Verbesserung der klinischen Forschung zur
langfristigen Finanzierbarkeit unseres Gesundheitswesens beitragen wird.
Damit
überhaupt nichtkommerzielle klinische Studien durchgeführt werden, muss
es natürlich finanzielle Anreize geben. Hierzu zählt auch, dass man die
gesetzlichen – aber auch die privaten – Krankenkassen darauf hinweist,
dass sie durch die Ergebnisse nichtkommerzieller klinischer Studien
Vorteile haben. Neben der verbesserten Versorgung ihrer Versicherten
sind hier auch Fragen der Versorgungseffizienz sowie der Qualität der
Versorgung relevant. Alle Krankenkassen sollten sich daher fragen
lassen, ob sie nicht – in welcher konkreten Form auch immer – einen
Beitrag zur Verbesserung der klinischen Forschung leisten können.
Neben
den finanziellen Anreizen gibt es auch diverse Möglichkeiten, um auf
organisatorischer Ebene die Durchführung von nichtkommerziellen
klinischen Studien zu erleichtern. Diesbezüglich ist es notwendig, dass
in Deutschland ein nationales Register aufgebaut wird, in dem alle
national durchgeführten klinischen Studien einheitlich registriert
werden. Wir brauchen eine größere Transparenz über laufende,
abgebrochene und abgeschlossene Studien. Ich freue mich sehr darüber,
dass das Bundesministerium für Bildung und Forschung im September 2007
angekündigt hat, mit insgesamt 2,2 Millionen Euro über zunächst vier
Jahre den Aufbau eines nationalen Registers an der Universität Freiburg
zu fördern.
Register sind selbstverständlich insbesondere dann
sehr nützlich, wenn der Zugang zu ihnen nicht durch unnötige Bürokratie
behindert wird. Daher fordern wir in unserem Antrag, dass der
öffentliche Zugang zu nationalen und europäischen Registern für
klinische Studien erleichtert wird.
Wir haben erkannt, dass wir
die Rahmenbedingungen insbesondere für nichtkommerzielle klinische
Studien weiter verbessern müssen. Wir wollen mir unserem Antrag einen
Beitrag zu diesem Prozess leisten. Das Bundesministerium und auch die
Deutsche Forschungsgemeinschaft leisten hier schon seit Jahren einen
wichtigen Beitrag. Wir als Parlament werden unseren Teil dazu
beitragen, die Rahmenbedingungen für die Gesundheitsforschung in
Deutschland konsequent weiterzuentwickeln und zu verbessern.
In
diesem Zusammenhang freue ich mich sehr darüber, dass die FDP im
federführenden Ausschuss für Bildung und Forschung unseren Antrag mit
unterstützt hat und sich die Vertreter der Linken und der Grünen bei
der Abstimmung lediglich enthalten haben. Dies zeigt: Auch die
Oppositionsfraktionen erkennen unser Bemühen an, die Durchführung
nichtkommerzieller klinischer Studien in Deutschland zu erleichtern.