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Agentur für radikale Innovation

15.06.2018
Redebeitrag von René Röspel (SPD) am 15.06.2018 um 14:53 Uhr (40. Sitzung, TOP 20)

Meine Rede im Bundestag zum Antrag der Fraktion der FDP zur Gründung einer Agentur für radikale Innovation. 

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

Die wichtigste Voraussetzung für die Innovationsfähigkeit Deutschlands diskutieren wir heute gar nicht; aber ich will sie einfach einmal betonen. Es ist nämlich unser Auftrag, der jungen, heute schon lebenden Generation die beste Bildung zu geben, die Möglichkeit, kreativ zu sein und einen ordentlichen Arbeitsplatz zu finden.
Dann ist eine Teilvoraussetzung unserer Innovationsfähigkeit, unserer wirtschaftlichen Stärke übrigens, erfüllt.

Es war ja auch schon Teil der Analyse heute, dass unsere wirtschaftliche Stärke tatsächlich darin besteht, dass
wir viele mittelständische Unternehmen haben, dass wir vor allen Dingen gutausgebildete junge Menschen haben, dass Geselle, Facharbeiter, Meisterin und Ingenieurin miteinander arbeiten.
So etwas gibt es in keinem anderen Land der Welt.

Aber die Kritik ist berechtigt: Es gibt eben ein großes Versäumnis oder eine Nachholnotwendigkeit im Bereich der Sprunginnovationen, also sozusagen der bahnbrechenden Innovationen.
Deswegen hat die SPD-Bundestagsfraktion schon in der letzten Legislaturperiode eine Innovations-AG gegründet.
Wir haben uns auch mit dem Vorschlag der Innovationsagentur für radikale Innovationen befasst und fanden den damals sehr gut und unterstützenswert.
Das hat uns auch in die Lage versetzt, sehr gut vorbereitet in die Koalitionsgespräche zu gehen. Wir
sind sehr froh, dass im Koalitionsvertrag steht, dass wir zur Hebung und zur Schaffung von Sprunginnovationen neue Instrumente einführen wollen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Da gilt – diesen Schlenker zur FDP darf ich mir erlauben – der alte Satz: Besser gut regiert als schlecht in der Opposition vorhanden.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. h. c. Thomas Sattelberger [FDP]: Leider 15 Jahre zu spät!)
Wir freuen uns trotzdem über diesen Antrag.
Wir freuen uns über die Bestätigung der Expertenkommission Forschung und Innovation, die am Anfang des Jahres die Sinnhaftigkeit einer Agentur für radikale Innovation noch einmal bekräftigt hat.
Es hat auch dazu geführt, – Frau Ministerin Karliczek –, die heute nicht da ist, aber ich begrüße den Staatssekretär –, dass auf dem Innovationsgipfel – dort war es, glaube ich – ausdrücklich gesagt wurde, dass die Bundesregierung eine solche Agentur auf den Weg bringen wird.
Das ist ein Erfolg von Koalitionsarbeit.

Wir sind nicht nur gespannt, sondern werden die Etablierung dieser Innovationsagentur begleiten.
Ich habe mich auch über den Antrag gefreut.
Herr Sattelberger, ich bin sehr froh, dass die FDP einen jungen, dynamischen Innovationspolitiker in ihren Reihen hat, der sich mit dem Thema auskennt und in diesem Bereich sehr engagiert ist.
(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da freut sich die FDP auch drüber!)

Ich will ausdrücklich – Sie sprachen an: zehn Jahre zu spät – sagen, dass es zwischen 2009 und 2013, als diese Fraktion regierungstragend war, vielleicht eines solchen FDP-Abgeordneten bedurft hätte; denn das war innovationspolitisch gesehen die schnarchnasigste Zeit des letzten Jahrzehnts.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Marco Buschmann [FDP]: Wir haben dazugelernt!)
Ich will aber trotzdem zu zwei Punkten in Ihrem Antrag etwas sagen, weil die Zeit für mehr nicht ausreicht.

Der erste Punkt ist: Sie schreiben in Ihrem Antrag, dass Sie ohne Restriktionen Bewerber für so einen Innovationswettbewerb annehmen wollen, was grundsätzlich sicherlich richtig ist, weil es dazugehört, frei und umfassend zu denken.
(Dr. h. c. Thomas Sattelberger [FDP]: Geringe Barrieren!)
Möglichst niedrige Barrieren oder Hürden.
– Aber Sie schreiben rein, dass das zum Beispiel unabhängig von Rechtsform und Größe geschehen soll. Die Rechtsform ist mir dabei sogar egal, aber bei der Größe, finde ich, muss man genau hinschauen.

Ich möchte mit einer solchen Innovationsagentur die Jungen und Hungrigen erreichen, aber nicht VW, BMW oder Ähnliches,
(Dr. h. c. Thomas Sattelberger [FDP]: Deswegen steht das drin!)
deren Größe möglicherweise über eine Ausgründung dazu führen könnte, dass sie staatliches Geld über die Innovationsagentur abgreifen.
Darüber muss man wirklich noch einmal nachdenken.
Ich bitte das BMBF, auszuschließen, dass so etwas kommt.
(Dr. Marco Buschmann [FDP]: Seit wann hat die SPD ein Problem damit, staatliche Gelder zu verteilen? Das sind ja ganz neue Töne!)

Der zweite Punkt ist: Natürlich braucht es Freiheit und Kreativität und möglichst viel Spielraum.
Je größer die Freiheit ist, Ideen zu entwickeln, desto mehr Innovationsmöglichkeiten wird man erfassen.
Dazu gehört auch, dass das Scheitern möglich ist.
Je größer die Freiheit von Innovationsmöglichkeiten ist, desto mehr Scheitern wird es geben.
An dieser Stelle muss man dann eben auch sagen: Das muss gerechtfertigt werden.
Aus innovationspolitischer Sicht ist es richtig, das Scheitern zuzulassen.
Aber es gibt auch eine andere Sichtweise.
Das passt zu einer Diskussion, die AfD und FDP in der letzten Woche geführt haben, nämlich über Steuerverschwendung – Sie können es googeln oder einmal in die Protokolle gucken.

Aus einer anderen Sicht wird aus den Projekten, die gescheitert sind, weil wir das zugelassen haben, ganz schnell eine Steuerverschwendung postuliert.
Das wäre der Tod eines jeden solchen Innovationssystems.
(Beifall bei der SPD – Dr. Marco Buschmann [FDP]: Ein großes Experiment!)

Das ist genau der zentrale Punkt.
Wir müssen uns gemeinsam klar darüber werden, wie wir das abgrenzen.
Das ist die Herausforderung: Scheitern zuzulassen, aber es nicht gleich als Verschwendung von Steuermitteln zu sehen.

Ich finde, diese Freiheit müssen wir uns nehmen.

Ich bin gespannt auf die weitere Diskussion.

Vielen Dank und schönes Wochenende.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

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