Juso-Chef Kühnert: „Sozialstaat muss unterstützen statt drangsalieren“
„Die Menschen müssen wieder Vertrauen in den Sozialstaat kriegen“, forderte der Juso-Vorsitzende Kevin Kühnert bei einer Diskussion in der Elbschehalle in Wengern, zu der ihn die beiden heimischen SPD-Bundestagsabgeordneten René Röspel und Ralf Kapschack eingeladen hatten. Mehr als 140 Besucher – nicht nur Parteimitglieder – waren gekommen, um über das Konzept „Ein neuer Sozialstaat“ zu sprechen, das gerade von einer SPD-Arbeitsgruppe erarbeitet wird, zu der auch Kühnert gehört. „Das wird ausführlich mit der Partei diskutiert und am Ende des Jahres von einem Parteitag beschlossen“, erläuterte Kühnert das Verfahren. Ziel sei es, dass der Sozialstaat nicht mehr Armut und Arbeitslosigkeit verwaltet, sondern allen Menschen hilft und ermöglicht, von der eigenen Arbeit leben zu können.
Erste Schritte habe man gegen starken Widerstand aus der CDU/CSU bereits auf den Weg gebracht, etwa den „sozialen Arbeitsmarkt“. Auch die weiteren Überlegungen würden vom Koalitionspartner sicher „grundsätzlich“ abgelehnt mit der Frage: „Wer soll das bezahlen?“ Er sei dagegen sicher, dass der Sozialstaat auf Dauer billiger werde, wenn den Menschen wirklich geholfen wird, für sich selbst zu sorgen. Natürlich werde die Digitalisierung dazu führen, dass eine große Zahl von Arbeitsplätzen verloren geht, „aber mindestens genauso viele werden neu entstehen“, zeigte sich der Juso-Vorsitzende sicher. Deshalb sei es erforderlich, dass zum Beispiel die Jobcenter nicht mehr – wie bisher – erst aktiv werden, „wenn der Job weg ist“, sondern schon berufsbegleitend aktiv werden, etwa durch Qualifizierungsmaßnahmen.
Weitere Vorschläge, über die leidenschaftlich diskutiert wurde: Eine Kindergrundsicherung müsse die heute 150 unterschiedlichen Fördermöglichkeiten zusammenfassen und nicht mehr mit anderen Sozialleistungen verrechnet werden, Kita-Gebühren müssten abgeschafft und das Schulessen kostenlos werden. Der Mindestlohn solle auf eine Höhe angehoben, von der man leben kann, damit niemand mehr seinen Lohn vom Jobcenter aufstocken lassen müsse. Und vor allem brauchten die Menschen „Unterstützung statt Drangsalierung“ durch die Behörden.
„Es ist an der Zeit, dass sich die SPD der Zukunft zuwendet, statt über die Fehler der Vergangenheit zu jammern“, sagte René Röspel in seinem Schlusswort, „und dazu gehören vor allem der Klimawandel und der Sozialstaat.“