Pflegereform ein wichtiger Schritt zum Besseren
Dass die Reform der Pflegeversicherung eine deutliche Verbesserung gegenüber der bisherigen Situation darstellt, darüber waren sich sowohl Experten als auch Besucher der Diskussion „Für eine gute und menschenwürdige Pflege“ einig, zu der die beiden SPD-Bundestagsabgeordneten René Röspel und Ralf Kapschack in das „Alte Stadtbad“ in Haspe eingeladen hatten. Aus den unterschiedlichen Sichtweisen heraus wurden aber auch weitere Anforderungen an die Pflegeversicherung formuliert.
Helga Kühn-Mengel, die Beauftragte der SPD-Bundestagsfraktion für die Belange von Patienten und Pflegebedürftigen, gab einen kurzen Überblick über die aktuelle Pflegeversicherung und wie sich die Gesellschaft seit der Einführung vor 21 Jahren geändert hat: „Heute werden Hochaltrige von ihren ebenfalls schon alten Töchtern gepflegt.“ 1995 gab es etwas mehr als eine Million Pflegebedürftige, heute sind es mehr als 2,6 Millionen, und 2030 erwartet Kühn-Mengel schon 3,3 Millionen. Wichtigster Schritt der Reform: Ab 2017 werden nicht mehr nur körperliche, sondern auch psychische Einschränkungen wie Demenz als Pflege-Grund anerkannt. Außerdem fällt die „Minutenpflege“ weg: Bisher waren feste Zeiten für Tätigkeiten wie Waschen, Duschen oder Anziehen vorgegeben. Zeit für Gespräche mit den Patienten wird bisher nicht vergütet.
Die SPD habe auch durchgesetzt, dass Tarif-Erhöhungen für die Pflegekräfte künftig von der Pflegekasse ungekürzt bezahlt werden müssen, ergänzte Kühn-Mengel.
Genau das sei ein ganz wichtiger Schritt, sagte Esther Berg, Fachbereichsleiterin Soziale Dienste bei der AWO Ennepe-Ruhr, denn in den vergangenen zehn Jahren seien die Tariflöhne um 20 Prozent gestiegen, die Bezahlung durch die Kasse aber nur um sieben Prozent. Das habe manchen tariftreuen Pflegedienst an den Rand des Ruins getrieben. Andere Dienste bezahlten einfach viel weniger als den Tariflohn. Ein Unternehmensberater habe der AWO empfohlen, sich von den „teuren“, also besonders pflegebedürftigen Patienten zu trennen. Das lehne sie ab, sagte Esther Berg: „Wer, wenn nicht die AWO, soll sie dann pflegen?“
Ulrich Goldmann, Leiter des Helmut-Turck-Seniorenzentrums in Hagen-Helfe, sprach von der „größten Reform seit der Gründung der Pflegeversicherung“, sie löse aber nicht alle Probleme: „Wir brauchen vor allem Lösungen für den Fachkräftemangel.“ Außerdem brauche man ein Qualitäts-Management, bei dem „nicht vergessen wird, um wen es bei der Pflege eigentlich geht“. Bisher werde nur überprüft, ob die Dokumentation der Leistungen in Ordnung ist.
In der Diskussion wurde vor allem eine einheitliche Bezahlung der Pflege-Fachkräfte gefordert. Auch ein Mindestschlüssel für die Personalausstattung sei nötig. „Der Markt kann das Gesundheitswesen nicht regeln“, zeigte sich ein Besucher überzeugt. Das sah auch der Wittener Caritas-Geschäftsführer Hartmut Claes so: Seit einem Jahr gebe es auch die Möglichkeit einer kurzen Pflege nach einer schweren Krankheit, ohne dass der Patient dafür eine Pflegestufe brauche. „Das ist toll“, sagte Claes, „aber eine leere Hülle, weil die Pflegekassen dafür viel zu wenig bezahlen wollen.“