Röspel lehnt Einschränkung des Asylrechts ab
„Die Flüchtlingskrise ist das beherrschende Thema dieser Tage. Wir möchten für unsere Berichterstattung die heimischen Bundestagsabgeordneten befragen, wie sie zu dem Thema stehen“, heißt es in einem Brief der WR/WP-Redaktion Hagen. Hier die Antwort von René Röspel:
Sehr geehrter Herr Redicker,
vielen Dank für Ihre Fragen. Ich habe versucht, auf diese so kurz, wie dies bei diesem vielschichtigen Themen und Ihren vielen Fragen möglich ist, zu antworten.
Vorab: es ist unsere humanitäre Pflicht, Menschen in Not zu helfen. Manchmal vergessen wir, dass auch Deutsche im letzten Jahrhundert auf Grund der politischen Umstände in Deutschland immer wieder darauf angewiesen waren, in anderen Staaten aufgenommen zu werden. Diese Solidarität können wir jetzt zurückgeben.
Frage: War die Politik der Bundesregierung und insbesondere von Bundeskanzlerin Angela Merkel, die Flüchtlinge mit offenen Armen zu empfangen (vor allem der Schritt, die in Ungarn gestrandeten Menschen nach Deutschland zu bringen), richtig?
Antwort: Das war ein Beispiel für Frau Merkels Versagen bei Problemen, die sich nicht von allein lösen lassen (Stichwort: „Kein Cent für Griechenland“). Frau Merkel und die Union waren inhaltlich nicht auf diese Fragen vorbereitet, obwohl die Situationen in den Flüchtlingslagern in Italien/Griechenland bzw. der Türkei/Jordanien etc. bereits seit langem bekannt waren.
Ich habe schon im Oktober 2014 das Thema (nach einer Westfalenpost-Berichterstattung über Auffangklassen in Hagen) in einer Bundestagsrede aufgegriffen und in die SPD-Fraktion getragen (wie übrigens im Sommer die Herausforderungen mit den sog. EU-2-Staaten Rumänien und Bulgarien). Sigmar Gabriel hat sich dem Problem schnell angenommen und setzt sich seit November 2014 für eine Entlastung der Kommunen ein. Thomas Oppermann hat wiederholt die Forderung nach einem Zuwanderungsgesetz aufgebracht - lange Zeit ohne Resonanz seitens der Union. Kurz: Die Auffassung der SPD, Flüchtlinge mit offenen Armen zu empfangen, ist richtig. Es ist gut, dass sich die Bundeskanzlerin nach langem Zögern dieser Auffassung angeschlossen hat.
War es richtig, dann doch die Grenzen zu schließen (im Sinne von: zu kontrollieren, wer herein kommt)?
Es ist richtig zu erfassen, „wer hierher kommt“. Ein Fehler war und ist, zu lange die Situation ignoriert zu haben und dann nicht vorbereitet gewesen zu sein. Interessanterweise wurde das Öffnen der Grenzen von der Bundeskanzlerin verkündet, das Schließen musste der Innenminister übernehmen...
Benötigen wir neue gesetzliche Regelungen? Vielleicht eine Einschränkung des Asylrechts? Eine Erweiterung der Drittstaatenregelung?
Ich halte ein Zuwanderungsgesetz für sinnvoll, das regelt, wer zum Zwecke der Arbeitsaufnahme eine Einreisemöglichkeit erhalten kann. Ansonsten reichen nach meinen Informationen die bestehenden Gesetze. Hier fehlt es schlicht an Personal zur Umsetzung und Beschleunigung. Die „Drittstaatenregelung“ ist richtigerweise faktisch außer Kraft gesetzt – denn Griechenland und Italien dürfen nicht allein gelassen werden. Nach Auffassung unserer Fachleute sollte man statt einer Ausweitung der sog. „Sicheren Herkunftsstaaten“ die Informationskampagnen vor Ort verstärken, um falsche Vorstellungen über die Möglichkeiten in Deutschland zu entkräften. Eine Einschränkung des Asylrechts lehne ich hingegen ab! Wir müssen die Fluchtursachen eindämmen, nicht unsere (gesetzlichen) Grenzzäune erhöhen.
Wie viele Flüchtlinge kann Deutschland aufnehmen? Und wie viele Flüchtlinge kann Europa aufnehmen?
„Ein Mensch von 80 Einwohnern ist Flüchtling, drei Flüchtlingskinder pro Grundschule oder eine Flüchtlingsfamilie in einer mittleren Straße“ hören sich viel akzeptabler und verträglicher an als „eine Million Flüchtlinge strömen zu uns“ - obwohl es das Gleiche ist! Wenn es uns gelingt, Flüchtlinge zu verteilen und wir die Kommunen dabei nicht im Stich lassen, werden wir und Europa noch mehr Menschen aufnehmen können, ohne dass es die Gesellschaft beeinträchtigt.
Deutschland hat die Welt in den vergangenen Wochen mit seiner Willkommenskultur positiv überrascht - Sie auch? Erwarten oder fürchten Sie ein Umschlagen der Stimmung? Sehen sie vielleicht schon Anzeichen dafür?
Ich bin sehr froh, erleichtert und sogar stolz über das Bild Deutschlands in der Welt. Das ist das Ergebnis des Engagements und der tiefen Überzeugung und Menschlichkeit vieler Bürger und Freiwilliger in unserem Land. Wenn wir die Bedingungen schaffen und Entlastung organisieren, wird diese Willkommenskultur bleiben. Strafrechtlich verfolgen müssen wir aber rechtsradikale Hetze, Sachbeschädigung und Gewalt. Aus diesem Grund unterstütze ich den Aufruf „Flüchtlinge schützen, Rassismus ächten, Naziterror bekämpfen“ meines Kollegen Rüdiger Veit sowie über 200 weiteren Kolleginnen und Kollegen.