Junge sollen Älteren „ins Netz“ helfen
Ungewollte Aktualität hatte die „Fraktion vor Ort“-Veranstaltung, zu der der heimische SPD-Bundestagsabgeordnete René Röspel ins „Kultopia“ eingeladen hatte. Ging es doch unter dem Titel „Netzpolitik ist Gesellschaftspolitik“ um die Herausforderungen der digitalen Gesellschaft. Und so ging es in der Diskussion mit dem netzpolitischen Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Lars Klingbeil auch um die „permanente Diskussion zwischen Freiheit und Sicherheit“ im Internet.
Die Vorratsdatenspeicherung in Europa sei keine Inhaltsspeicherung und außerdem vom Bundestag beschlossen, sagte Klingbeil. Die jetzt bekannt gewordenen Spionageprogramme der USA und anderer Länder würden dagegen ausschließlich von den Geheimdiensten ohne jede parlamentarische Kontrolle eingesetzt. Das Verhalten der Bundesregierung dazu sei skandalös: „Einfach abwarten und nichts tun.“
Klingbeil sah sich selbst nicht als „Experten, der alles weiß“. Es gehe auch gar nicht um technische Fragen. Vielmehr gehöre „das Internet“ schon heute zur Daseinsvorsorge und müsse deshalb möglichst allen Menschen zur Verfügung stehen. Noch gebe es eine Lücke zwischen Jung und Alt, die geschlossen werden muss. „Dazu sollten wir die Potentiale der Jungen nutzen“, forderte Klingbeil, etwa durch Schulungen Älterer im Rahmen des Freiwilligen Sozialen Jahres. Moderne Technik in Verbindung mit dem Internet könne auch dazu beitragen, länger in der eigenen Wohnung zu leben. Zum Beispiel könne ein Spiegel im Badezimmer die einzunehmenden Medikamente anzeigen oder ein Teppich den Notdienst alarmieren, wenn jemand hingefallen ist.
„Medienkompetenz“ sei aber auch wichtig, um die weitere Spaltung zwischen reich und arm zu verhindern. Das sei Aufgabe der Schulen. „Jeder Schüler muss ein Tablet haben, alle Lehrbücher müssen darauf digital gespeichert sein“, nannte Klingbeil als Beispiel. Natürlich müssten alle Lehrer in allen Fächern diese Medien einsetzen.
Das Internet habe die Arbeitswelt bereits erheblich verändert, allerdings keineswegs nur positiv, mahnte der Abgeordnete: „Immer mehr Beschäftigte haben einen Burnout, weil sie rund um die Uhr erreichbar sind.“ Deshalb gehöre Netzpolitik auch in Tarifverträge.
Positiv bewertete der Politiker, dass man „Meinungen sofort einholen“ kann. Dadurch sei es möglich, Prozesse wie etwa die Gesetzgebung noch während der Entstehung für Diskussionen zu öffnen und mehr Zustimmung zu erreichen.
Auf der anderen Seite dürfe die Offenheit des Internets nicht dazu führen, die Rechte des Einzelnen abzuschneiden. Vor allem das Urheberrecht habe sich zu einem der zentralen Konflikte der digitalen Gesellschaft entwickelt. „Die Regierung hat in den vergangenen vier Jahren absolut nichts gemacht“, bemängelte Klingbeil. Unterschiedliche Interessen von Urhebern, Verwertern, Nutzern und Konsumenten stünden sich nach wie vor unversöhnlich gegenüber.