Preistreiber beim Strom sind die „Energie-Riesen“
Alle sagen „Energiewende“, reden aber nur vom Strom. Das machte Prof. Claudia Kemfert ihren Zuhörern in der voll besetzten Aula der Villa Post deutlich: „Wir alle geben für Mobilität und Wohnungsheizung zehn bis 20 Mal so viel aus wie für Elektrizität. Zur Energiewende gehörten deshalb unbedingt auch energiesparende Fahrzeuge und besser gedämmte Wohnungen, sagte Kemfert, die auf Einladung des heimischen SPD-Bundestagsabgeordneten René Röspel in seiner Reihe „Energie – Klima – Umwelt“ sprach. „Ihre Wut über den Umgang mit der Energiewende ist in Ihrem Buch ,Kampf um Strom‘ deutlich zu spüren“, sagte Röspel. Zwar müssten Wissenschaftler neutral sein, erwiderte Kemfert, aber das sei bei diesem Thema nicht mehr möglich: „Die Gegner der Energiewende machen heute so viel Lärm, dass der Umbau schon verlangsamt wird und dass die Menschen inzwischen das Märchen vom teuren Ökostrom glauben.“
Die wirklichen Preistreiber beim Strom seien die vier „Energie-Riesen“ in Deutschland, die heute mehr Gewinne machten als jemals zuvor, obwohl der Strom an der Energiebörse so billig sei wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Das Energiewirtschaftsgesetz schreibe zwar vor, dass sinkende Energiepreise an die Verbraucher weiter gegeben werden müssen, aber daran halte sich keiner der Konzerne mehr, sagte Kemfert. Gerade der billige Einkaufspreis führe wegen der komplizierten gesetzlichen Regelungen dazu, dass die EEG-Umlage so stark gestiegen sei. Dies wiederum nutzten gerade die Konzerne und die Minister in Berlin, um Angst vor weiteren Preissteigerungen zu schüren. Kemferts Fazit: „Die Energiewende kann man nicht mit den Akteuren der Vergangenheit schaffen.“ Außerdem fehle es an verlässlichen politischen Vorgaben. Durch Aussagen der „Chaos-Truppe von Ministern“, man wolle das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) abschaffen oder der Strom würde zu teuer, schrecke man private Investoren ab.
Die Menschen in Deutschland seien bei der Energiewende allerdings schon bedeutend weiter als die Minister Altmaier und Rösler und Kanzlerin Merkel, zeigte die Wissenschaftlerin an einigen Zahlen: „Über 40 Prozent der Investitionen in Erneuerbare Energien kommen heute schon von Privatpersonen, nimmt man die Landwirtschaft hinzu, sind es schon 50 Prozent.“ Das alles führe dazu, dass Deutschland „innovativer Weltmarktführer“ sei und schaffe Arbeitsplätze in der Region.
Beim der nächsten Veranstaltung am Donnerstag, dem 18. Juli, um 18 Uhr in der Villa Post wird der Präsident des Umweltbundesamtes Jochen Flasbarth über „Langfristziele der Energiewende – 100 Prozent EE-Versorgung 2050“ sprechen.