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Töpfer: „Warum müssen die Ärmsten die Zeche bezahlen?“

15.02.2013

Wissenschaft ist „Versuch und Irrtum“, aber wenn der Irrtum lebensbedrohlich ist, „darf man das nicht machen, besonders wenn es weniger gefährliche Alternativen gibt.“ Das stellte Professor Klaus Töpfer bei seinem Besuch in der Hagener FernUniversität gleich zu Beginn seines Vortrages „Globaler Klimawandel – Herausforderungen an die nationale und internationale Politik“ fest. Gut 120 Interessierte lauschten dem Vortrag und diskutierten mit dem früheren Exekutivdirektor des Umweltprogramms der Vereinten Nationen, den der heimische SPD-Bundestagsabgeordnete René Röspel im Rahmen seiner Vortragsreihe „Klima – Energie – Umwelt“ eingeladen hatte.

Töpfer, der als erster Bundes-Umweltminister überhaupt kurz nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl in die Regierung Kohl eintrat, machte deutlich, dass Armut auf der ganzen Erde immer zuerst Energiearmut ist. Deshalb sei es Aufgabe der hochentwickelten Staaten, „globalisierungsfähige“ Energiequellen zu schaffen. Da liege Deutschlands überragende Chance: „Die Energiewende hat zu einer Fundgrube neuer Technologien geführt.“ Das müsse als Chance für unsere Industrie begriffen werden, meint Töpfer: „Wir sind immer voran gegangen, und das müssen wir jetzt auch tun!“ Er mahnte aber auch an, die sozialen Kosten der Energiewende gerecht zu verteilen, und zwar global, aber auch im eigenen Land. „Warum müssen immer die Ärmsten die Zeche bezahlen?“, fragte der Leiter des IASS in Potsdam, in dem sich namhafte Wissenschaftler mit den Themen Klimawandel, Nachhaltigkeit und Energiesicherheit befassen. Wenn energieintensive Industriebetriebe von der EEG-Umlage befreit werden, sei das Industriepolitik, „und das muss dann auch so bezahlt werden“. Auf der anderen Seite Schlug er vor, zum Beispiel die ersten 1500 Kilowattstunden pro Jahr steuerfrei zu stellen und damit sozial Schwache zu entlasten, statt sie auch noch die Subvention für die EEG-befreiten Unternehmen zahlen zu lassen.
Zurzeit werde vor allem über die Stromkosten diskutiert, sagte Töpfer, dabei würden 70 Prozent der Energie für Wärme und Mobilität verbraucht. Hier seien noch längst nicht alle Einsparmöglichkeiten ausgeschöpft.
AbschiedsgeschenkEr sei damals auch von den Jusos als „Ankündigungsminister“ beschimpft worden, wandte Töpfer sich an René Röspel, weil keine seiner Initiativen „am nächsten Tag“ zum Erfolg geführt habe: „Wir haben 35 Jahre gebraucht, jetzt sind wir Weltmeister bei den erneuerbaren Energien“, nannte er ein Beispiel und warnte, wer sich auf Kurzfristigkeit einlasse, „der ist wirklich alternativlos.“ Das von ihm eingeführte Wirtschaftskreislaufgesetz („Hier steht der Grüne Punkt vor Ihnen“) sei damals von allen Unternehmen vehement bekämpft worden. Heute sprächen dieselben Unternehmen vom „urban mining“ und stritten sich mit den Städten darum, wer denn die gelben Säcke abholen dürfe, weil das keine Abfälle, sondern wertvolle Rohstoffe seien. Das gleiche sei mit der Rauchgas-Wäsche geschehen. ursprünglich von den Kraftwerksbetreibern bekämpft, nähmen sie heute die Gewinne aus dem dabei entstehenden Gips gern mit. Das gleiche müsse auch mit dem Kohlendioxid geschehen, forderte Töpfer: „Wenn wir aus dem Abfall ein Wirtschaftsgut machen, haben wir keine Probleme mehr damit.“
Die anschließende Diskussion war so angeregt, dass Klaus Töpfer seine Rückreise mit der Bahn nach Potsdam kurzerhand um eine Stunde verschob.
René Röspel wies darauf hin, dass weitere „Energie – Klima – Umwelt“-Veranstaltungen mit Prof. Uwe Schneidewind vom Wuppertal-Institut und mit dem Thüringer Wirtschaftsminister Matthias Machnig in Vorbereitung sind.

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