Hohe Energiepreise beflügeln die Wirtschaft
Der Ausstieg aus der Atomenergie ist gut. Daran ließ Professor Ernst Ulrich von Weizsäcker bei seinem Vortrag „Energieproduktivität verfünffachen“ in der Mensa der Fernuni keinen Zweifel. Viel wichtiger sei aber, den CO2-Austausch weltweit radikal um 80 bis 90 Prozent zu senken, machte der Naturwissenschaftler den mehr als 160 Zuhörern deutlich, die auf Einladung des heimischen SPD-Bundestagsabgeordneten René Röspel zu dem inzwischen sechsten Vortrag der Reihe „Energie – Klima – Umwelt“ gekommen waren. Denn ein Abschmelzen des Polareises wäre „noch viel schlimmer als Fukushima“, sagte Weizsäcker. Dass der Klimawandel aber allein durch den Ausbau regenerativer Energien aufgehalten werden könne, ist für ihn undenkbar.
Der überaus gut gelaunte Weizsäcker zeigte Bilder von Photovoltaik-Anlagen „so groß wie Fußballfelder“, nannte Windräder „nette Nachbarn“ und hält die Wasserkraft für „ausgelutscht“. CO2 unter die Erde zu pressen, sei eine „Geldvernichtungsmaschine“ und Bioenergie verursache bei ihm „ökologische Albträume“. Um den heutigen Energiebedarf mit diesen Methoden zu decken, sei 35 Mal so viel Fläche nötig. Stattdessen wäre es besser, 30 Prozent weniger CO2 bei der Energieerzeugung zu produzieren und 65 Prozent durch weniger Energieverbrauch zu erzeugen. „Das ist nichts weniger als eine technische Revolution“, räumte Weizsäcker ein. Dabei müssen „wir voran gehen, damit die Entwicklungsländer ein Licht am Ende des Tunnels sehen.“
Weizsäcker zeigte sich überzeugt, dass diese „technische Revolution“ möglich ist: „Wir vergeuden Energie ohne Ende.“ Dazu zählte er nicht nur spritfressende Autos oder schlecht gedämmte Häuser. Städte müssten so gestaltet werden, dass möglichst kurze Wege zurückzulegen sind. Statt zu irgendwelchen Konferenzen um die Welt zu fliegen, könne man auch sich auch vor dem Bildschirm treffen, „was allerdings bei Urlaubsreisen nicht so einfach ist“, räumte Weizsäcker ein. Bei Rohstoffen forderte er „Kreislauf statt Baggern.“ Vor allem die stromintensiven Industrien könnten ihre Effizienz deutlich steigern.
Damit sich etwas ändere, müsse allerdings politisch dafür gesorgt werden, dass die Energiepreise „ökologisch korrekt“ sind, „die Märkte sind zu doof dazu“, fügte der Wissenschaftler an. Denn nur hohe Preise „beflügeln die Wirtschaft“. Wichtig sei, die Preise jeweils parallel zur Effizienzsteigerung zu steigern, damit die Gesamtkosten nicht ansteigen. Dass das möglich ist, habe Japan eindrucksvoll bewiesen. Seit 15 Jahren werden dort weltweit die höchsten Energiepreise verlangt – heute stehe das Land gerade deshalb an der Spitze der Technologie.