Größte Energiereserve ist Einsparung
Energie haben wir genug in Deutschland. Denn obwohl acht Atomreaktoren nach der Fukushima-Katastrophe abgeschaltet wurden, sei nirgendwo das Licht ausgegangen. Dieser „frohen Botschaft“ ließ der Chemiker Prof. Ferdi Schüth bei seinem Vortrag „Elemente eines neuen Energiesystems“ in der FernUni Hagen allerdings sofort ein großes „Aber“ folgen: „Gerade die regenerativen Energien haben wir aber nicht dort, wo wir sie brauchen, und auch nicht immer dann, wenn wir sie brauchen.“ Wichtig sei deshalb, für stabile Netze zu sorgen und neue Speichermethoden zu finden. Schüth sprach auf Einladung des heimischen SPD-Bundestagsabgeordneten René Röspel in der Reihe „Energie – Klima – Umwelt“.
Schüth ist Professors am Mülheimer Max-Planck-Institut für Kohlenforschung und befasst sich mit neuartigen Biokraftstoffen, organischen Solarzellen, Wasserstoff-Brennstoffzellen und noch zu entwickelnden Speichermaterialien. Probleme sieht Ferdi Schüth bei der Stabilität der Strom-Netze: „Wir brauchen Großkraftwerke aus physikalischen Gründen sowohl bei besonders starker Nachfrage wie an einem eisigen Novembermorgen als auch bei besonders schwachem Verbrauch wie an einem lauen Sommerabend.“ Aus heutiger Sicht seien zunächst Erdgas und später Methan die richtigen Brennstoffe dafür. „Windräder und Solarzellen, die Haupt-Leistungsträger der Zukunft, produzieren Strom, aber damit werden wir nie ein Flugzeug antreiben können“, machte Schüth ein weiteres Problem deutlich. Benzin und Diesel seien als Energiespeicher zurzeit noch durch nichts zu ersetzen. Deshalb müsse man nicht nur verstärkt nach Stoffen forschen, in denen man die Wind- und Solarenergie speichern könne, sondern auch nach neuartigen Energieträgern. Biomasse sei eine Möglichkeit, allerdings nicht, wenn dafür Lebensmittel eingesetzt werden, warnte Schüth: „Langfristig helfen nur chemische Speicher.“
Gut 60 Interessierte nutzten die Gelegenheit, mit dem Experten über die Zukunft der Energieversorgung zu diskutieren. Dabei zeigte Schüth auch unsere neben der Effizienzsteigerung größte „Energiequelle“ auf: „Alles, was wir einsparen, müssen wir gar nicht erst produzieren.“
Beim nächsten Vortrag der Reihe am Freitag, dem 22. Juli, wird Prof. Karin Lochte, die Direktorin des Alfred-Wegener-Instituts in Bremerhaven, in der FernUni von den Auswirkungen des Klimawandels auf die Arktis berichten. Erst am Tag zuvor wird sie von einer Arktis-Expedition mit dem Forschungsschiff „Polarstern“ zurückgekehrt sein.