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Experimente zur Meeresdüngung dürfen marine Ökosysteme nicht belasten

Rede zu Protokoll zur Beratung des Antrags "Experimente zur Meeresdüngung dürfen marine Ökosysteme nicht belasten"

29.01.2009

René Röspel (SPD):
Eigentlich ist es verrückt. Da gibt es ein anerkanntes Forschungsinstitut, das auch im Bereich Klimaforschung arbeitet. Es bereitet über Jahre ein internationales Experiment vor und informiert die notwendigen Stellen. Mit dem Auslaufen des Forschungsschiffes zum Ort des Experiments bricht aber plötzlich eine Protestwelle von Umweltverbänden los.

Das Experiment wird kurzfristig gestoppt, und externe Gutachten werden eingeholt. Diese werden von den beiden zuständigen Ministerien unterschiedlich bewertet. Am Ende darf das Forschungsschiff aber seine Fahrt fortsetzen und das Experiment durchführen.

Man kann die ganze Diskussion um LOHAFEX auch positiv sehen. Es zeigt, wie wichtig die gesellschaftliche Diskussion um die Forschungskonzepte ist, insbesondere wenn es sich dabei um eine öffentlich geförderte Einrichtung wie beim Alfred-Wegener-Institut, AWI, handelt. Gut ist auch, dass Umweltverbände ein waches Auge haben. Und wichtig ist auch, dass Kritik und Anmerkungen der Umweltverbände von der Politik sehr wohl gehört werden und man auch darauf reagiert.

Die Kritik der Umweltverbände war so gravierend, dass es richtig war, das Experiment zunächst zu stoppen und externe Gutachten anzufordern. Denn Biodiversität ist, wie die Grünen richtig in Ihrem Antrag fordern, natürlich eine Querschnittsaufgabe, die alle angeht. Allerdings muss auch klar gesagt werden, dass es sich bei der im Rahmen von LOHAFEX durchgeführten begrenzten Eisendüngung um Grundlagenforschung handelt und nicht, wie einige Medienberichte suggerieren, um den Einstieg in die kommerzielle großflächige Eisendüngung der Ozeane.

Wir haben als SPD grundsätzlich Vertrauen in verantwortungsbewusstes Handeln unserer Wissenschaftlerin nen und Wissenschaftler. Dieses Vertrauen ist auch in diesem Fall in den letzten Tagen durch Gespräche bestätigt worden. Wir finden es auch gut, dass Umweltverbände und Umweltministerium wachsam sind. Das hat zu einer klärenden Diskussion geführt, die ich mir allerdings schon vor Beginn des Experiments gewünscht hätte, damit Differenzen nicht auf dem Rücken der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ausgetragen werden.

Begrüßenswert ist die schnelle Reaktion der Leiterin des Alfred-Wegener-Instituts, Frau Professor Lochte, die kalibrierten Daten schnellstmöglich und transparent ins Internet stellen zu wollen und nach Ende des Experiments eine öffentliche Tagung zu organisieren. Für die SPD ist wichtig: Auch Grundlagenforschung darf nicht zu Umweltschäden führen. Und auch Grundlagenforschung muss internationale Verträge einhalten und darf nicht gegen geltendes Recht verstoßen.

Die Befürchtung, es könne zu Umweltschäden größeren Ausmaßes kommen, ist ausgeräumt worden. Sie bleibt bestehen für Eisendüngung in größerem Maßstab; für LOHAFEX aber sind die ökologischen Risiken als sehr gering anzusehen. Es ist aber Aufgabe der Wissenschaft, noch besser als bisher ungeklärte Fragen, zum Beispiel was toxische Algen anbelangt, auch in die Vorbereitung solcher Experimente einzubeziehen und zu untersuchen.

Für uns ist mindestens genauso wichtig, dass LOHAFEX nicht gegen das VN-Übereinkommen über die biologische Vielfalt, CBD, verstößt und damit nicht völkerrechtswidrig ist. Da es offenbar unterschiedliche Interpretationen der Beschlüsse der 9. Vertragsstaatenkonferenz zum Beispiel hinsichtlich „coastal waters“ gibt, erwarten wir von der Bundesregierung, dass sie in den nächsten Verhandlungen der Vertragsstaatenkonferenz wie auch auf Ebene der London Convention und des London Protocol auf eine Klärung möglicher Interpretationsspielräume zugunsten des Umwelt- und Klimaschutzes drängt.

Zu Beginn der Diskussion war aber auch klar, dass eine endgültige Entscheidung über LOHAFEX am Montag dieser Woche fallen musste. Eine weitere Verschiebung ließ der Zeitplan für das Experiment nicht zu. Wir halten die Fortführung des Experimentes für gerechtfertigt, weil es sich um Grundlagenforschung handelt und die externen Gutachten zu dem Schluss gekommen sind, dass weder eine Umweltgefährdung noch ein Verstoß gegen internationales Recht vorliegt, sondern LOHAFEX sogar zu einem besseren Verständnis der Abläufe des Ökosystems Meer und des Kohlenstoffkreislaufes beitragen kann.

Ausdrücklich möchte ich für die SPD klarstellen: Erstens. Die CBD ist und bleibt für uns rechtlich und vor allem politisch verbindlich. Zweitens. Eine kommerzielle oder großflächige Eisendüngung der Meere zum Zwecke des Klimaschutzes scheint uns nicht sinnvoll, sondern sogar kontraproduktiv zu sein. Wir lehnen sie daher ab. Erlauben Sie mir eine letzte Anmerkung zum Antrag der Grünen, der uns gestern erreichte: Viele Aussagen teilen wir und können sie unterstreichen. Aber eine Antwort bleiben die Grünen schuldig: Sind Sie denn nun für oder gegen den Stopp der „Polarstern“-Expedition?

Die Schwerpunkte meiner Arbeit: