Es wird keinen Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen in Deutschland geben
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!
Wir haben in den letzten Jahren hier im DeutschenBundestag sehr häufig und sehr kontrovers über Grüne Gentechnik diskutiert. Eines ist über die Jahre geblieben, nämlich eine große Skepsis gegenüber Agrogentechnik, gegenüber Grüner Gentechnik auf dem Acker. Diese Einschätzungen haben viel mit Gefühlen, mit Emotionen zu tun.
Als Forschungspolitiker, aber auch als Biologe habe ich in den letzten Jahren versucht, das Ganze auf eine wissenschaftliche Basis zu stellen. Ich habe mir angeschaut, welche wissenschaftlichen Publikationen es über die Auswirkungen von Gentechnik gibt, und da gibt es über Grüne Gentechnik eine ganze Menge. Auf der einen Seite gibt es die Einschätzung, dass Grüne Gentechnik keine großen Auswirkungen auf Umwelt und Gesundheit hat, dass es keine Bedenken gibt, dass das Risiko gering ist. Auf der anderen Seite gibt es eine Reihe von Publikationen, in denen das Gegenteil behauptet wird. Dort heißt es: Die Auswirkungen sind möglicherweise groß, sie sind nicht einzuschätzen, und man muss mit Gentechnik vorsichtig umgehen. Beide wissenschaftlichen Strömungen haben eines gemeinsam: Sie beschränken sich immer nur auf einen kleinen Teil – auf einen kleinen Ausschnitt, auf einen kleinen Raum, auf ein paar Äcker – oder eben auf einen kleinen Zeitraum. Aber die Ausbringung von gentechnisch veränderten Pflanzen bedarf eigentlich einer Langzeitbetrachtung; denn man wird vielleicht erst in 10, 20 oder 40 Jahren merken, welche Konsequenzen sich daraus ergeben. Das ist auf Anhieb nicht abzuschätzen. Mein Fazit ist, dass es keine wissenschaftlich eindeutige Handlungsanleitung für die Politik gibt, Ja oder Nein zu sagen. Deswegen muss man die Entscheidung auf einer anderen Ebene treffen.
Geht man beispielsweise den Weg der USA, die recht forsch sind und sagen: „Wir bauen einfach gentechnisch veränderte Pflanzen auf großen Flächen an und schauen, was passiert, und versuchen, das in den Griff zu kriegen" – gentechnisch veränderte Pflanzen werden schon auf mehreren Millionen Hektar angebaut –, oder geht man den Weg Deutschlands, der schon seit Jahren ein zurückhaltender, ein beobachtender, ein vorsorglicher Weg ist? Vielleicht stellt man in 50 Jahren in den USA fest: Der Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen war überhaupt kein Problem. – Dann war es eben kein Problem. Es kann aber auch sein, dass es genau anders herum ist: Man merkt, dass man etwas auf den Äckern angebaut hat, das große Probleme verursacht, nun aber nicht mehr rückholbar ist. In 50 Jahren ist es dann zu spät. Dann hinterlässt man künftigen Generationen ein Problem, mit dem sie nicht umgehen können.
Wir haben uns als SPD vor vielen Jahren für den anderen Weg entschieden. Wir haben gesagt: Wir wollen erst sicherstellen, dass wir künftigen Generationen keine Last hinterlassen. Wir wollen Vorsorge betreiben. Wir wollen keinen Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen auf unseren Äckern. – Auch die Grünen haben sich vor vielen Jahren dafür entschieden. Deswegen war es gut, dass wir 1998 gemeinsam eine Regierung gebildet haben, und das in einem ganz anderen Umfeld. Damals gab es auf europäischer Ebene viele Bestrebungen, gentechnisch veränderte Pflanzen auf den Acker zu bringen. Die damalige Opposition aus Union und FDP in diesem Haus, Frau Connemann – ich kann nicht umhin, da ins Protokoll zu schauen –, war überwiegend dafür, gentechnisch veränderte Pflanzen auf den Acker zu bringen. In dieser Situation ist Rot-Grün einen vernünftigen und besonnenen Weg gegangen, mit Gentechnik umzugehen.
Übrigens hat die SPD diesen Weg in der Großen Koalition von 2005 bis 2009 fortgesetzt, und wir setzen ihn jetzt fort. Das heißt, wenn es eine Konstante in Bezug auf einen vernünftigen Umgang mit Gentechnologie in Deutschland gibt, dann ist das die Sozialdemokratie. An die Grünen, die das vorhin aufgebauscht haben, gerichtet sage ich: Sie können sich darauf verlassen – alle anderen übrigens genauso –, dass wir diesen Weg fortsetzen werden, auch in dieser Koalition.
Es gibt gute Gründe, ein bundesweites Anbauverbot zu fordern. Wir sind auf europäischer Ebene weiter. Eine Opt-out-Regelung wird kommen, die es den Mitgliedstaaten erlaubt, auf nationaler Ebene Anbauverbote zu erlassen. Alles spricht dafür – Matthias Miersch hat das hervorragend ausgeführt –, dass man auf rechtssichere Weise den Weg eines bundesweiten Anbauverbotes wird gehen können. Das ist genau unsere Position, und die halten wir für richtig.
Sie, alle Fraktionen und auch die Menschen in diesem Land, können sicher sein, dass sich die SPD weiter dafür einsetzen wird, dass es keinen Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen in Deutschland geben wird. Wir werden uns auch im anstehenden Gesetzgebungsverfahren mit unserer Umweltministerin Barbara Hendricks dafür einsetzen, dass es nicht 16 unterschiedliche Regelungen auf Länderebene geben muss, sondern dass es ein bundesweit gültiges Gesetz gibt.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)