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Zukunftsprojekte der Hightech-Strategie (HTS-Aktionsplan)

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21.03.2013

René Röspel (SPD):
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Werte Frau Wanka, ich hatte mich schon gefragt, warum in der Kernzeit – der wichtigsten Zeit einer Plenarwoche – eine Debatte über eine ein Jahr alte Unterrichtung der Bundesregierung zur Hightech-Strategie vorgesehen ist, ja was daran eigentlich so berichtenswert sein soll.

Ich habe die Auflösung gerade bekommen: Sie haben nur einige wenige Worte dazu gemacht, die individualisierte Medizin gerade eben erwähnt; aber zu der Unterrichtung haben Sie eigentlich nichts gesagt. Sie wollen eine Generaldebatte zu Bildung und Forschung. Die können Sie gerne bekommen – auch wenn ich gerne ein paar Fragen gestellt hätte, zum Beispiel wie Sie eigentlich die Kritik der Expertenkommission Forschung und Innovation aufnehmen. Sie feiern die Hightech-Strategie mit schönen neuen Worten; aber gleichzeitig hat die Bundesregierung im letzten Haushalt so wichtige Technologietitel wie Mikrosystemtechnologie, neue Technologien, neue Materialien, neue Werkstoffe, optische Technologien, Arbeits- und Dienstleistungsforschung gekürzt. Sie haben das Thema „Industrie 4.0“, mit einem neuen Etikett versehen, gerade genannt.

Bei dem, was wir als SPD seit Jahren fordern – mehr in Dienstleistungs- und Arbeitsforschung zu investieren –, gehen Sie genau den anderen Weg: Sie kürzen die Mittel dafür real auf Werte von 2009. Dazu hätte ich gerne ein paar Antworten gehabt; aber das ist ja heute offenbar nicht Thema.

Ich hätte auch gerne gefragt, wie wesentliche Bestandteile dieser Hightech-Strategie, die ja sinnvoll sind – klimaangepasste Stadt –, denn finanziert werden sollen.

Wenn man sich diese Unterrichtung durchliest, sieht man als kleine Fußnote, fast wie in einem Vertrag: „Das ausgewiesene Budget enthält Mittel des Energie- und Klimafonds …“ – wie auf einem Beipackzettel steht: Bei nicht sachgerechter Anwendung können Kopfschmerzen auftreten.

Auch bei dem wichtigen Titel Elektromobilität steht wieder diese kleine Fußnote: „Das ausgewiesene Budget enthält Mittel des Energie- und Klimafonds …“ Auch bei der wichtigen Frage des Umbaus der Energieversorgung – genau genommen heißt es: intelligenter Umbau der Energieversorgung – findet sich der Hinweis auf eine Finanzierung außerhalb des Bildungs- und Forschungsetats, wieder über den Energie- und Klimafonds.

Dieser Energie- und Klimafonds, meine Damen und Herren, soll sich aus den Erlösen aus dem Handel mit CO2-Zertifikaten speisen. Wir wissen schon heute, dass die Erwartungen nicht erfüllt werden: Schon jetzt fehlen da 400 Millionen Euro.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Wenn Sie über die Hightech-Strategie reden, wäre es eigentlich an der Zeit gewesen, auch zu sagen, wie Sie das, was Sie da hineinschreiben, finanzieren wollen.Aber gut, Sie wollen nicht darüber reden. Ich knülle mein Konzept zur Hightech-Strategie jetzt zusammen und schmeiße es weg. Wir machen eine Generaldebatte; das hätten Sie gerne. Ich muss zugeben: Eigentlich ist es nicht fair, wie der Finanzminister Sie als neue Ministerin behandelt;

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Was?)

denn mit Ihrem Namen, Frau Wanka, wird das Ende von 15 Jahren guter und vernünftiger Forschungs- und Bildungspolitik in Deutschland verbunden sein.

(Beifall bei der SPD – Zurufe von der CDU/CSU und der FDP: Oh!)

– Das Protokoll verzeichnet den Sturm der Regierungskoalition, aber er bleibt im Wasserglas stecken. – Ich werde Ihnen das auch kurz begründen:

Diese gute Zeit der Forschungs- und Bildungspolitik über übrigens drei Koalitionen hinweg hat 1998 begonnen, als Rot-Grün endlich wieder Bildungs- und Forschungspolitik auf Bundesebene verantwortet hat.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU/CSU: Oh! – Dr. Martin Neumann [Lausitz] [FDP]: Genau das Gegenteil ist der Fall!)

– Das trifft Sie offenbar. – Wir haben nämlich erstmals nach Jahren der Stagnation wieder mehr Geld in Bildung und Forschung investiert – und nicht nur mehr Geld, sondern wir haben auch Impulse gesetzt, die wichtig waren für das Land.

(Albert Rupprecht [Weiden] [CDU/CSU]: Sie haben geredet, sonst nichts!)

In ein Ganztagsschulprogramm, das von Ihnen bekämpft wurde – mittlerweile schweigen Sie dazu –, haben wir 4 Milliarden Euro investiert.

(Albert Rupprecht [Weiden] [CDU/CSU]: Forschungsdebatte!)

Von allen Kommunen und Eltern wissen Sie, wie wichtig das für die Kinder und deren schulische Entwicklung war.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir waren es, die den Pakt für Forschung und Innovation, eine verlässliche Finanzierung der Forschung, auf den Weg gebracht haben.

(Albert Rupprecht [Weiden] [CDU/CSU]: Diskutiert haben Sie!)

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in Deutschland wissen wieder, dass es Aufwüchse und verlässlich mehr Geld in Deutschland gibt, um Forschung zu betreiben.

Auch die Exzellenzinitiative, die viel Bewegung in den Wissenschaftssektor gebracht hat, ist eine sozialdemokratische Initiative und auch Innovation gewesen. Das hat wichtige Impulse gesetzt.

Wir können übrigens alle gemeinsam froh sein, dass Deutschland wieder ein weltweit beachteter guter Standort für Forschung und Wissenschaft ist. Die jungen Wissenschaftler kommen auch aus dem Ausland wieder zu uns zurück. Ich glaube, das ist etwas, was wir uns alle auf die Fahnen schreiben können.

(Beifall bei der SPD)

Was Sie als schwarz-gelbe Koalition seit 2009 richtigerweise fortgesetzt bzw. gemacht haben, ist dieser Mittelaufwuchs bzw. die Tatsache, dass Sie an finanziellen Mitteln noch eine Schippe draufgelegt haben.

(Dr. Thomas Feist [CDU/CSU]: Eine Schippe draufgelegt?)

Kompliment und Lob, dass Sie das fortgesetzt haben! Sie haben im Wissenschaftsbereich zwar keine neuen Impulse gesetzt – Sie haben ja gleich noch Redezeit und können uns allen das erklären –, aber Sie haben richtigerweise mehr Geld in das System gesteckt.

Ich bin allerdings gespannt, was Sie gleich auf die Frage, wo das Geld eigentlich herkam, antworten werden. Auch hier kann ich es Ihnen nicht ersparen, zu sagen, dass das nicht Ihre Initiative war, sondern dass Sie die Früchte einer Arbeit ernten, die die SPD gemacht hat.

(Beifall bei der SPD – Lachen bei der CDU/CSU und der FDP – Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Da müssen Sie ja selber lachen!)

– Ja. Sie können gleich Ihre Argumente vorbringen.

Ich erinnere mich sehr genau, dass die SPD eine der größten Steuersubventionen dieser Republik angegriffen und seit Jahren gesagt hat: Wir müssen diese Subvention beseitigen und in die Köpfe von Kindern und in Bildung und Forschung investieren. Sie können gleich sagen, welche Subvention Sie abgeschafft haben.

Beim Stichwort „Subvention“ fällt mir nur ein, dass Sie einen neuen Tatbestand geschaffen haben. Sie haben nämlich die Mövenpick-Steuer und damit die Erleichterung für Hotels eingeführt.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – AlbertRupprecht [Weiden] [CDU/CSU]: Mein Gott! –Jörg van Essen [FDP]: Und damit das Tourismus-Programm der SPD umgesetzt!)

– Ja. Das kostet mein Land NRW jedes Jahr 400 Millionen Euro, die weniger für Bildung und Forschung zur Verfügung stehen.

(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

Die SPD hat sich immer gegen die Eigenheimzulage ausgesprochen. Erst 2005 ist es uns in der Großen Koalition gelungen, diese größte Einzelsubvention in diesem Land zum Januar 2006 abzuschaffen, zu beenden. Ich will daran erinnern – Sie können die letzten drei Subventionsberichte der Bundesregierung gerne lesen –: Im Jahr 2006 hat der Staat den Menschen noch 9,2 Milliarden Euro gegeben, die das gerne als zusätzliches Salär entgegengenommen haben, um ein Haus auf der grünen Wiese zu bauen. Vielleicht für die Zuschauer:

(Volker Kauder [CDU/CSU]: Das sind Zuhörer!)

Wenn Sie als Ehepaar 140 000 Euro verdient haben, dann haben Sie noch ein paar Tausend Euro vom Staat bekommen, um sich das Haus auf der grünen Wiese zu leisten.

(Uwe Schummer [CDU/CSU]: Reden Sie mal zum Thema!)

Wir haben gesagt: „Das ist keine Subvention, die wir uns leisten können; wir wollen in Bildung und Forschung investieren“, und haben es geschafft, diese Subvention abzubauen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Sie liegt heute bei über 1,6 Milliarden Euro; 700 Millionen Euro davon trägt der Bund. Die Abschaffung der Subvention hat in dem Zeitraum seit 2006 für den Bundesfinanzminister zu Entlastungen in Höhe von etwa 14 Milliarden Euro geführt.Es ist richtig, dass er diese Spielräume genutzt hat, um in Bildung und Forschung zu investieren. Das war eine gute Tat, und das war wichtig. Aber es war nicht Ihre Idee, diese Subvention abzuschaffen

(Beifall bei der SPD)

und Steuermittel für Bildung und Forschung zur Verfügung zu stellen, sondern das geht auf die Idee und das Handeln der SPD zurück.

Aber diese Zitrone ist ausgepresst. In zwei Jahren wird aus dieser Quelle kein Geld mehr kommen. Jetzt ist die Frage an Sie: Woher werden Sie das Geld für weitere Forschungs- und Bildungsinvestitionen nehmen? Man sieht es am Haushalt, dass Sie keine Ideen haben. Für das Jahr 2013 sind 13,7 Milliarden Euro für den Bildungs- und Forschungsetat vorgesehen. 2014 – es ist Wahlkampf – legen Sie noch eine Schippe drauf

(Dr. Thomas Feist [CDU/CSU]: Das mit der Schippe hatten Sie schon!)

und stellen 13,8 Milliarden Euro bereit. Dann aber sinkt dieser Etat das erste Mal seit 15 Jahren auf 13,5 Milliarden Euro, und da bleibt er.

Woher nehmen Sie das Geld? Wo planen Sie die Mittel für den Hochschulpakt ein, die wir jetzt schon brauchen? Die sind in der mittelfristigen Finanzplanung nicht vorgesehen. Sie versprechen als CDU sogar noch einen Aufwuchs von 5 Prozent für den Pakt für Forschung und Innovation. Woher nehmen Sie das Geld? Ich bin auf die Antworten, die Sie gleich geben werden, gespannt.

(Beifall des Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD])

Weitere Subventionserlöse gibt es nicht mehr. Die Antwort der CSU darauf, Herr Rupprecht: Sie wollen die Eigenheimzulage wieder einführen. Sie wollen dafür wieder Geld ausgeben.

(Thomas Oppermann [SPD]: Geld, das Sie gar nicht haben!)

Ich bin gespannt, woher Sie das nehmen wollen.

Die Bürger werden im September die Entscheidung zu treffen haben, wie es weitergeht. Die große Lüge übrigens ist: Sie erhöhen zwar den Etat um 100 Millionen Euro für das nächste Jahr, aber die globale Minderausgabe wird auf 620 Millionen Euro festgelegt. Das ist so, als würde ich meinen Kindern sagen: Ich erhöhe euer Taschengeld von 10 auf 11 Euro, aber hinzu kommt eine globale Minderausgabe von 3 Euro.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Dann werden meine Kinder fragen: Was ist das denn? Meine Antwort: Ihr dürft nur 8 Euro ausgeben; 3 Euro müsst ihr mir zurückgeben. Dann werden meine Kinder sagen: Das ist aber Betrug! – Da haben sie recht.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Mit dieser globalen Minderausgabe schreiben Sie schon heute vor, dass die Mittel für Forschungsorganisationen und Projekte gekürzt werden. Auch hier bin ich sehr gespannt auf Ihre Antworten.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir als Sozialdemokraten sagen: Wir wollen mehr in Bildung und Forschung investieren. Das wird Geld kosten. Deswegen sagen wir, dass diejenigen, die als Verheiratete 200 000 Euro im Jahr verdienen, einen höheren Spitzensteuersatz bezahlen müssen, weil sich diese Investitionen lohnen und die Stärkeren besser an dieser gesellschaftlichen Aufgabe beteiligt werden. Ich bin sehr gespannt, wie Sie Ihre Versprechen einhalten wollen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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