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Gesetz zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes

29.11.2012

Rede zu Protokoll des SPD-Bundestagsabgeordneten René Röspel am 29. November 2012 zur zweiten und dritten Beratung des Antrags der Koalition „Gesetz zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes" und des Antrags der SPD „Gesetz zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes"; Deutscher Bundestag, 211. Sitzung, TOP 29

René Röspel (SPD):
Als wir vor genau drei Wochen anlässlich der ersten Lesung zum vorliegenden Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen die ersten Reden zu diesem Thema zu Protokoll gegeben haben, habe ich in einem kurzen Exkurs auf die besondere Funktion der in § 52 a Urheberrecht garantierten Wissenschaftsschranke hingewiesen. Daher soll in der nun folgenden Ausführung nicht noch einmal darauf eingegangen werden, welche bedeutende Rolle eine Wissenschaftsschranke für Bildung, Wissenschaft und Forschung in Deutschland einnimmt.

Vielmehr möchte ich zunächst einige Äußerungen von Kollegen der Koalitionsfraktionen aufgreifen, anhand derer ich die Defizite in der Argumentation deutlich machen möchte.

Zunächst möchte ich auf die in der Rede des Kollegen Heveling geäußerte These eingehen, nach der mittels einer weiteren Befristung des § 52 a Urheberrechtsgesetz die Voraussetzung dafür geschaffen sei, dass es eine dauerhafte und einheitliche Wissenschaftsschranke im deutschen Urheberrecht geben könne. Dies scheint mir doch eine etwas abwegige Argumentation zu sein – nicht nur vor dem Hintergrund, dass die Koalitionsfraktionen sich im vorliegenden Fall explizit gegen eine Entfristung zugunsten einer weiteren Befristung aussprechen. Dieses Vorgehen mit einem laufenden Gerichtsverfahren zu begründen, scheint umso bizarrer: Denn Recht wird nach geltender Rechtslage gesprochen. Das Verfahren wäre mit einer Entfristung des § 52 a Urheberrechtsgesetz ab dem 1. Januar 2013 nicht gefährdet. Ich möchte – wie in meiner ersten Rede bereits erwähnt – darauf hinweisen, dass diese Koalition und Bundesregierung von den Wählerinnen und Wählern einen Gesetzgebungsauftrag erhalten hat. Den gilt es anzunehmen und die hiermit verbundene Arbeit nicht auf den Bundesgerichtshof abzuwälzen!

Weiterhin möchte ich noch auf die Äußerung des Kollegen Heveling hinsichtlich der Evaluierung des Bundesministeriums der Justiz eingehen. Hier wird der Eindruck erweckt, dass das Ministerium im Rahmen seiner Evaluationen – es waren insgesamt drei an der Zahl – sich stets gegen eine Entfristung ausgesprochen habe. Dem ist entschieden zu widersprechen! An dieser Stelle sei explizit die zweite Evaluierung des Justizministeriums vom 30. April 2008 zitiert: „Die Evaluierung hat keine Ergebnisse erbracht, welche die Entscheidung des Gesetzgebers bei Einführung der Norm als korrekturbedürftig erscheinen lassen. Folglich sollte die Befristung in § 137 k UrhG entfallen.“

Die Darstellung der Koalitionsfraktionen, dass eine Befristung derzeit alternativlos sei, ist schlichtweg falsch. Vielmehr möchte ich an dieser Stelle erneut für eine Entfristung des § 52 a Urheberrechtsgesetz – wie in unserem Gesetzentwurf gefordert – werben.

Wie in der bisherigen Debatte deutlich wurde, scheint sich zumindest zwischen den Wissenschaftspolitikern fraktionsübergreifend die Erkenntnis verfestigt zu haben, dass es im Sinne von Bildung, Wissenschaft und Forschung in Deutschland ist, eine umfassende Wissenschaftsschranke im Urheberrechtsgesetz zu verankern. Die Erarbeitung einer solchen umfassenden Wissenschaftsschranke ist in der Tat keine triviale Aufgabe. Ihre Bearbeitung hat sorgfältig, gründlich und nicht unter Zeitdruck zu erfolgen. Vor diesem Hintergrund wäre es wichtig, wenigstens die bestehende, spezifische Wissenschaftsschranke in § 52 a Urheberrechtsgesetz zu entfristen. Damit wäre zum einen den Betroffenen in den Bildungs- und Wissenschaftseinrichtungen die in dieser Frage dringend notwendige Rechtssicherheit geboten; zum anderen ließe sich auf diese Weise ohne unnötigen Zeitdruck eine Norm ins Urheberrecht inkorporieren, die den Belangen von Bildung und Wissenschaft in all ihren Facetten gerecht wird. Doch anstatt diese komfortable Lösung zu präferieren, die im Übrigen mit dem anhängigen Gerichtsverfahren beim BGH in keiner Weise in Konflikt stünde, entscheiden sich die Koalitionsfraktionen für die unsauberste aller Lösungen: eine erneute Befristung um zwei Jahre. Auf diese Weise wird nicht nur den Betroffenen eine dauerhafte Rechtssicherheit verwehrt, sondern auch unnötiger Zeitdruck aufgebaut, der dem weiteren Verfahren sicherlich nicht dienlich ist. Als wäre diese Taktik allein nicht schon genug der Zumutung für die Betroffenen in Bildung und Wissenschaft, bleiben die Regierungskoalitionen nicht nur in ihrer Handlungsunfähigkeit, sondern auch in ihrer Visionslosigkeit verhaftet. Zwar plädieren die Kollegen der Koalitionsfraktionen dafür, eine umfassende Wissenschaftsschranke im Urheberrecht zu verankern. Allein die Frage, wie eine solche Schranke gesetzgeberisch auszugestalten ist, lassen sie unbeantwortet. Ironischerweise wird etwa im Diskussionspapier der Unionsfraktion zum „Urheberrecht in der digitalen Gesellschaft“ lediglich darauf verwiesen, dass die in § 52 a Urheberrechtsgesetz kodifizierte Wissenschaftsschranke ausgiebig zu evaluieren und zu überarbeiten sei. Der Vorschlag der Union besteht demnach darin, das durch das BMJ bereits dreimal durchgeführte Verfahren ein weiteres Mal zu wiederholen. Ein wirklicher Gestaltungsanspruch wird hingegen nicht erkennbar. Man bekommt den Eindruck, dass die schwach-gelbe Koalition solche Entscheidungen lieber der im Herbst 2013 gewählten neuen Bundesregierung übertragen möchte.

Abschließend möchte ich noch darauf eingehen, warum die SPD-Bundestagsfraktion im vorliegenden Fall dem Gesetzentwurf zustimmen wird, obwohl wir mit unserem Gesetzentwurf eine bessere Lösung vorschlagen. Aufgrund der fahrlässigen Verzögerung der Koalitionsfraktionen ist nun eine Situation eingetreten, die erheblichen Handlungsdruck und eine für die Betroffenen fast unerträgliche Situation herbeigeführt hat: Denn der Umstand, dass der § 52 a Urheberrechtsgesetz zum Ende des Jahres ausläuft, gepaart mit der Untätigkeit der Regierungsfraktionen in dieser Frage, hat dazu geführt, dass den Betroffenen in den Bildungs- und Wissenschaftseinrichtungen massive Rechtsunsicherheit droht. Diese gilt es aber unter allen Umständen abzuwenden. Nur deshalb unterstützen wir das kleinere Übel einer weiteren Befristung. Eine Solidarität, die diese Regierung eigentlich nicht verdient hat, wohl aber die Betroffenen in Bildung und Wissenschaft.

Die Schwerpunkte meiner Arbeit: