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Pflegeversicherung wird nach zehn Jahren Stillstand reformiert

22.11.2007

22. November 2007

Ennepe-Ruhr/Hagen. Nach mehr als zehn Jahren Stillstand werden die Leistungen der Pflegeversicherung ab Mitte 2008 stufenweise erhöht. Das berichtete die familien- und seniorenpolitische Sprecherin der SPD- Bundestagsfraktion, die EN-Abgeordnete Christel Humme, bei einer „Fraktion vor Ort“-Veranstaltung, zu der sie mit ihrem Kollegen René Röspel (südlicher EN-Kreis und Hagen) in das Schwelmer Kreishaus eingeladen hatte. Gut 50 Besucher, überwiegend Pflege-Fachleute aus dem Ennepe-Ruhr-Kreis und Hagen, ließen sich über die von der Großen Koalition vereinbarte Reform der Pflegeversicherung informieren. „Auch wenn wir unser Ziel noch nicht erreicht haben, sind wir einen großen Schritt voran gekommen, der den Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen große Fortschritte bringt“, machte Christel Humme deutlich: Die SPD-Forderung nach zehn bezahlten Tagen für die Pflege Angehöriger und einem Solidarausgleich privater Pflegeversicherungen sei bei der CDU/CSU nicht durchsetzbar gewesen. Ziel bleibe die „Bürgerversicherung Pflege“.
Mit den steigenden Leistungen werden auch die Beiträge angehoben. 1,95 Prozent des Einkommens statt bisher 1,7 Prozent müssen dann abgeführt werden, Kinderlose bezahlen 2,2 Prozent. „Das wird bis etwa 2014 reichen“, sagte Christel Humme. Die Leistungen werden zunächst in festen Schritten erhöht und ab 2012 „dynamisiert“, also der Teuerungsrate angepasst.
Christel Bienstein, Professorin am Institut für Pflegewissenschaft der Uni Witten/Herdecke, machte deutlich, dass es in „viel viel mehr“ Pflegebedürftige gebe als in der Statistik verzeichnet: „Alle, die gar nicht erst einen Antrag gestellt haben oder die beim ersten Mal durchgefallen sind“. Sie rechnet mit drei bis vier Millionen statt der offiziell gezählten zwei Millionen Menschen. Die meisten würden von Angehörigen gepflegt, was in Zukunft zu erheblichen Problemen führen werde: „Die Familien brechen auseinander, die Pflegenden werden älter, und die Pflegeberufe sind nicht mehr attraktiv“, hat die Wissenschaftlerin festgestellt. In der Praxis und in der Politik gebe es „zu wenig Menschen mit pflegerischem Sachverstand“.
Die Pflegereform sei ein richtiger Schritt, sagte Bienstein. Allerdings bedauerten alle Pflegewissenschaftler die stärkere Rolle des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK). Dies wurde auch in der anschließenden Diskussion deutlich. „98 Prozent aller Prozesse gegen Entscheidungen des MDK gewinnen die Patienten“, sagte zum Beispiel Hartmut Claes (Caritasverband), „aber die meisten sind nicht bereit zu klagen.“
Eine Aufwertung des Pflegeberufes forderte auch Jochen Winter, Geschäftsführer der AWO EN, die einen ambulanten Pflegedienst betreibt. Schon heute gebe es einen Fachkräftemangel. Im Ennepe-Ruhr-Kreis gebe es ein gutes stationäres Angebot, aber zu wenig teilstationäre Einrichtungen und Tagespflegeplätze.
Unterstützung fand Christel Humme mit ihrer Forderung, die Ausrichtung der Pflegeversicherung auf „körperbezogene Hilfeleistungen“ zu überwinden und statt dessen auf die „Teilhabe am gesellschaftlichen Leben“ abzuzielen. Dadurch würde es endlich möglich, auch die steigende Zahl der Demenzkranken zu betreuen.

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