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Stärkung der europäischen Grundlagenforschung

22.03.2012

Rede zu Protokoll des SPD-Bundestagsabgeordneten René Röspel am 22. März 2012 zum SPD-Antrag „Für eine Stärkung der breit aufgestellten europäischen Grundlagenforschung – Keine finanziellen Einschnitte beim Europäischen Forschungsrat zu Gunsten des Einzelprojekts ITER“; Deutscher Bundestag, 168. Sitzung, TOP 25

René Röspel (SPD):

Wer aktuell durch die Bundestagsgebäude geht, findet in der Halle des Paul-Löbe-Hauses eine Ausstellung der Deutschen Forschungsgemeinschaft, DFG. Dort wird anhand verschiedener Exponate gezeigt, was für unterschiedliche Projekte die DFG aktuell in Deutschland fördert. Dabei können wir Beispiele aus der Geisteswissenschaft genauso wie aus den Natur- oder Ingenieurwissenschaften
bewundern. Alle vorgestellten Projekte haben gemeinsam, dass sie exzellente Ansätze verfolgen und der Grundlagenforschung zuzurechnen sind. Dabei handelt es sich also um Ansätze, die – zumindest im Ansatz – keine direkte Anwendung versprechen. Da mag sich der eine oder andere fragen, ob denn das überhaupt sinnvoll sei. Die Antwort lautet ganz klar: Ja! Denn was uns heute „unnütz“ erscheint, kann morgen bereits die Grundlage für einen technischen oder gesellschaftlichen Durchbruch bedeuten. Selbst Aristoteles, Al-Chwarizmi, Galileo oder Newton hätten sich wohl niemals träumen lassen, dass aufgrund ihrer wissenschaftlichen Arbeiten im Bereich der Gravitation einmal Flugzeuge durch den Himmel fliegen würden. Glück für uns, dass diese großen Wissenschaftler sich ganz dem Erkenntnisgewinn verschrieben hatten.

Vielleicht zeigt dieses Beispiel bereits, wie wichtig und gesellschaftlich notwendig die Förderung der Grundlagenforschung ist. In Deutschland haben sich besonders die DFG und die Max-Planck-Gesellschaft dieser Aufgabe verschrieben. Leider existieren ähnliche Strukturen aber nicht in allen europäischen Ländern. Deshalb spielt die europäische Förderung der Grundlagenforschung eine so wichtige Rolle.

Vor fünf Jahren wurde unter deutscher EU-Präsidentschaft der Europäische Forschungsrat, ERC, eingerichtet. Die deutsche DFG stand dabei Pate. Der ERC fördert exzellente Nachwuchs-wissenschaftlerinnen und -wissenschaftler sowie bereits etablierte Spitzenforscherinnen und -forscher bei ihrer Grundlagenforschung in Europa. Einziges Kriterium ist die Exzellenz. Im aktuell laufenden 7. europäischen Forschungsrahmenprogramm sind für diese Förderung 7,5 Milliarden Euro für den Zeitraum von 2007 bis 2013 eingestellt. In nur fünf Jahren hat sich der ERC in der weltweiten Wissenschaftsgemeinschaft einen exzellenten Ruf aufgebaut. Und das zu Recht! Deshalb ist es nur folgerichtig, dass im derzeit diskutierten Nachfolgeprogramm Horizon 2020 für den ERC eine Budgetverdoppelung eingeplant ist.

Heute diskutieren wir aber auch über ein zweites Programm der Grundlagenforschung, welches durch europäische Gelder finanziert wird: das Fusionsforschungsprojekt ITER. Hierdurch sollen grundlegende Fragen im Bereich der Fusion und Energiegewinnung geklärt werden. Durch die bisherigen Arbeiten haben wir durchaus interessante Erkenntnisse gerade im Bereich der Materialforschung gewonnen. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben aber noch einen weiten Weg vor sich. Das wäre noch hinzunehmen, wenn dieses Projekt nicht solche enormen Kosten verursachen und uns gleichzeitig Ressourcen in anderen drängenden Bereichen fehlen würden.

In der letzten Zeit gab es die berechtigte Befürchtung, dass die aktuellen Mehrkosten bei ITER durch die Beschneidung anderer europäischer Grundlagenforschungsbereiche gegenfinanziert werden könnten. Dies wäre unverantwortlich. Soweit wir wissen, hat der einstimmige Widerstand, auch aus diesem Haus, dies erst einmal verhindert. Die Finanzierungsdebatte ist aber noch nicht vom Tisch. Aktuell wird in Brüssel darüber diskutiert, ob und, wenn ja, wo sich die Finanzierung für ITER in neuen EU-Budgets wiederfinden wird. Um Konkurrenz zu anderen Forschungsbereichen zu vermeiden, wäre meiner Meinung nach ein eigener Titel innerhalb des EU-Haushaltes der transparenteste Platz für die ITER- Finanzierung.

Die öffentliche Förderung der Grundlagenforschung auf nationaler und europäischer Ebene ist richtig und muss ausgebaut werden. Das bisher vorgelegte Konzept für Horizon 2020 zielt dabei in die richtige Richtung. Es muss aber auch zukünftig verhindert werden, dass ein Bereich, in diesem Fall die Fusionsforschung, auf Kosten aller anderen Bereiche und Strukturen vorangetrieben wird. Dafür werden wir uns als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten auch weiterhin einsetzen.

Die Schwerpunkte meiner Arbeit: