Forschungsförderkonzepte für die adulte Stammzellforschung gemeinsam voranbringen
Rede zu Protokoll zum SPD Antrag "Adulte Stammzellforschung ausweiten, Forschung in der regenerativen Medizin voranbringen und Deutschlands Spitzenposition ausbauen" Drucksache 17/908 am 09. Juni 2011 im Deutschen Bundestag
Dank einer guten Forschungspolitik seit 1998 ist Deutschland als Land mit vielen innovativen Forscherinnen und Forschern für die Zukunft der medizinischen Forschung und Versorgung gut aufgestellt. Wir verfügen über hervorragende Forschungsstrukturen und ein – trotz gefährlicher Operationen und Eingriffe der schwarz-gelben Bundesregierung – stabiles, solidarisch finanziertes Gesundheitssystem.
Wir dürfen uns aber nicht auf den Meriten ausruhen, deren Ursprung in den politischen Entscheidungen der Vergangenheit liegt. Vielmehr müssen wir von parlamentarischer Seite immer wieder aktiv Themen aufgreifen, wenn wir unseren Forschungsfortschritt ausbauen und die Chancen Deutschlands in hoch innovativen Wissenschaftsfeldern sichern wollen.
Die regenerative Medizin wird seit einigen Jahren als Schlagwort genutzt, wenn Beispiele für neue Ansätze moderner Medizin genannt werden. Klar ist: Nicht jeder Plan der Forscher von heute wird morgen oder übermorgen Realität werden. Bekannt ist aber auch: Schon heute kann die medizinische Wissenschaft Großes leisten, was aber nur verzögert seinen Weg in die medizinische Praxis findet. Insbesondere durch die Nutzung von Stammzellen konnten in den letzten Jahren große Fortschritte erzielt werden. Der Hype um die embryonalen Stammzellen ist abgeflacht, die Nutzung von adulten Stammzellen, von Stammzellen aus der Nabelschnur oder auch von reprogrammierten Zellen hingegen hat in der Forschung stark zugenommen.
Wir haben in Deutschland frühzeitig den Fokus der Forschungsförderung auf diese – ethisch unumstrittenen – Zellen gelegt. Die von uns geforderte und von der Bundesregierung zu Recht in den Ausschussberatungen angeführte Anhebung der Haushaltsmittel für diese Forschungsfelder von 1,5 Millionen Euro in 2005 auf 10,6 Millionen Euro in 2011 setzt deshalb einen erfolgreichen Weg fort.
Geld allein hilft der Forschung jedoch nur bis zur Schwelle der kommerziellen Verwertung. Daher haben wir unter anderem auf den Regelungsbedarf hinsichtlich der Erstattungsfähigkeit von Anwendungen der regenerativen Medizin hingewiesen. Leider hat die Bundesregierung und haben auch die Regierungsfraktionen diesen Punkt in den Beratungen weitgehend ignoriert.
Unsere Forderung zur Einrichtung einer Nationalen Nabelschnurblutbank hätte neue Impulse für die Forschung erbringen können. Leider verwies die Bundesregierung hier nur auf die hochdynamische Landschaft diverser Nabelschnurblutbanken, die bereits etabliert seien. Wie wichtig aber ein koordiniertes Vorgehen nicht nur für die Forscher, sondern vor allem für mögliche Patienten ist, wird schlicht nicht berücksichtigt.
Wie auch bei unserer Debatte im Forschungsausschuss zum Regelungsbedarf bei Biobanken zeigt sich, dass die Regierung offensichtlich überall dort, wo sich forschungspolitisch Dinge hochdynamisch entwickeln, vor Regelungen zurückscheut. Daher mein Hinweis an die Bundesregierung: Regelungen für dynamische Forschungsfelder müssen Forschung und Innovation nicht behindern; vielmehr können sie Strukturen bieten, Erfolge sichern und eine bestehende Dynamik zielführend kanalisieren. Hierzu brauchen wir natürlich kluge Regelungen, und dies ist fraglos eine Herausforderung für jede Bundesregierung.
In den Ausschussberatungen hat die Fraktion der CDU/CSU betont, dass wir uns in den Zielen unseres Antrages einig seien. Die Kritik an unserem Antrag, die als Begründung für die ablehnende Haltung der Regierungsfraktion herhalten musste, wirkte hingegen sehr vorgeschoben. Der Tenor lautete: Alles in bester Ordnung, wir brauchen keine Veränderungen in Förderpraxis und Regelungswerken.
Mit dieser Feststellung unterscheidet sich die CDU/ CSU massiv von den Einschätzungen der Expertinnen und Experten, die in der Forschung und – frühen – Praxis der regenerativen Medizin tätig sind. Um es in den Worten der Überschrift unseres Antrages zu sagen: Wir wollten Deutschlands Spitzenposition ausbauen und uns nicht mit der Einschätzung begnügen, dass heute alles schön und gut sei.
Besonders überrascht hat uns, dass die FDP die Kritik der CDU/CSU an unserem Antrag weitgehend übernommen hat. Im September 2006 hatte die FDP-Fraktion noch einen Antrag „Forschung auf dem Gebiet der Regenerativen Medizin stärken“ in das parlamentarische Verfahren eingebracht. Dieser Antrag enthielt eine Reihe von Forderungen, die zum Teil auch in unserem Antrag enthalten sind, der heute zur Schlussberatung ansteht. Es drängt sich der Eindruck auf, dass sich die FDP auch bei diesem Thema als Regierungsfraktion von ihren alten Forderungen aus Oppositionszeiten verabschiedet hat.
Während die Regierungsfraktionen ohne gute Gründe unsere Initiative abgelehnt haben, haben die Grünen und Linken unseren Antrag unterstützt. Bei dieser Gelegenheit möchte ich den Kolleginnen und Kollegen für ihre Unterstützung danken.
Klar ist: Wir streiten in der Förderung der ethisch unproblematischen Stammzellforschung und der regenerativen Medizin nicht über den politisch richtigen Weg, sondern darüber, wie wir ein gutes Forschungsförderkonzept weiter voranbringen können. Die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage unserer Fraktion zum Thema Stammzellforschung, die wir gemeinsam mit den Grünen eingebracht haben, zeigt: Wir sind auf einem guten Weg, die Bundesregierung hat viele Akzente richtig gesetzt. Die umfassenden Informationen in der Antwort auf die Kleine Anfrage waren und sind übrigens ein positives Beispiel für den Umgang der Regierung mit dem parlamentarischen Fragerecht. Dafür herzlichen Dank!
Mit unserem Antrag wollten wir erreichen, dass das Thema Stammzellforschung und regenerative Medizin nicht unter den Tisch fällt. Dies ist uns gelungen. Wir haben Vorschläge unterbreitet, wie wir gemeinsam die Erfolgsgeschichte fortschreiben können. Wir bedauern sehr, dass die Regierungsfraktionen diesen Impuls nicht aufgenommen und verstärkt haben. Mein Appell zum Schluss: Auch wenn Sie heute unseren Antrag ablehnen, so nehmen Sie sich bitte unsere Vorschläge zu Herzen und entwickeln Sie die hilfreichen Regelungen und Fördermaßnahmen für die Stammzellforschung und regenerative Medizin weiter – im Sinne der gemeinsamen Sache, die wir in den Ausschussberatungen so klar erkennen und feststellen konnten.