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Die richtigen Lehren aus dem Ausbruch des isländischen Vulkans Eyjafjallajökull ziehen

07.10.2010

Rede zur ersten Lesung des SPD-Antrages "Die richtigen Lehren aus dem Ausbruch des isländischen Vulkans Eyjafjallajökull ziehen – Klimaforschung und Geowissenschaften stärken und die Voraussetzungen für ein nationales und europäisches Krisenmanagement im Luftverkehr schaffen" am 7. Oktober 2010 (TOP 19)

René Röspel (SPD):
Anfang des Jahres brach der Vulkan Eyjafjallajökull auf Island aus und ganz Europa stand still – nun ja, still vielleicht nicht. Es war über den europäischen Flughäfen stiller als sonst, auf Autobahnen und Bahnhöfen herrschte hingegen Hektik bis Chaos. Denn der gesamte Flugverkehr in Europa musste aufgrund der Vulkanasche für mehrere Tage eingestellt werden. Die plötzliche Ruhe freute die Anwohner von Flughäfen. Die pro Tag circa 1,2 Millionen betroffenen Fluggäste fanden es hingegen weniger angenehm, von den Fluggesellschaften und von den vom Flugverkehr abhängigen Industriezweigen ganz zu schweigen. Insgesamt geht man heute davon aus, dass die mehrtägige Luftraumsperrung einen finanziellen Schaden von mindestens 1,3 Milliarden Euro verursacht hat.

Hätte man dieses Chaos vermeiden können? Ja und nein. Ja, weil, wie meine Kollegin Ulrike Gottschalck in ihrem Redebeitrag darstellen wird, auf der Ebene des Bundesministeriums in den Tagen einiges schiefgelaufen ist und enormer organisatorischer Verbesserungebedarf besteht. Nein, da vonseiten der Forschung alles zu diesem Zeitpunkt Machbare getan wurde.

Es ist nicht das erste und ganz bestimmt nicht das letzte Mal, dass in Europa Vulkane ausbrechen. Jeder Vulkanausbruch ist aber anders. Das Außergewöhnliche an dem Ausbruch von Eyjafjallajökull war die Produktion besonders kleinkörniger Asche, die wiederum länger als andere Vulkanasche in der Luft blieb. Hinzu kam die Windrichtung, welche die Aschewolke über das europäische Festland trieb.

Im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt, einem Institut der Helmholtz-Gemeinschaft, wurde diese Entwicklung frühzeitig wahrgenommen. Ihre Erkenntnisse erhielten sie durch den von DLR maßgeblich entwickelten und betriebenen Erdbeobach-tungssatelliten TerraSAR-X. Den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern war klar, welche Auswirkungen die Aschewolke für den europäischen Flugverkehr haben könnte. Neben Satelliten betreibt das DLR mehrere Forschungsflugzeuge. Eines davon, die Falcon 20E, war bereits in Saharastaub geflogen und bot sich deshalb für die Durchführung von Tests in der Nähe der Aschewolke an. Die Mitarbeiter des DLR machten sich sofort an die Arbeit, um das Flugzeug, das ansonsten für andere Forschungszwecke genutzt wird, mit den nötigen Instrumenten zu bestücken.

In dieser Situation erwies es sich als großes Glück, dass das DLR aufgrund der Forschungsgelder des Bundes im Bereich Atmosphärenforschung gut aufgestellt ist. Denn erst durch die Messdaten der Falcon konnten die im Modell berechneten Eckdaten der Aschewolke überprüft werden. Die Ergebnisse wurden dann an die nationalen, europäischen und internationalen Luftfahrtstellen weitergegeben, führten am Ende zur Festlegung von Grenzwerten und zur Öffnung des Luftraums. Ohne den Einsatz des deutschen Forschungsflugzeugs wäre der Luftraum wohl noch viel länger geschlossen geblieben. Den vielen helfenden Händen im DLR gilt deshalb unser besonderer Dank.

Was bedeutet der Vulkanausbruch forschungspolitisch für die Zukunft? Es zeigt einmal mehr, dass Erkenntnisse der Grundlagenforschung sehr schnell auch in der Anwendung konkrete Bedeutung erlangen können. Die Grundlagenforschung finanziell auszubauen und dabei auch „Orchideenfächer“ wie die Vulkanologie zu unterstützen, ist deshalb dringend geboten. Die schnelle Einsatzbereitschaft der Falcon war ein Glücksfall und ist dem Einsatz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des DLR zu verdanken. Es fehlt aber eine institutionelle Lösung.

Denn für Vulkanausbrüche – aber auch Waldbrände oder Großunfälle können ähnliche Wolken hervorbringen – besitzen wir keine jederzeit einsetzbaren Forschungsflugzeuge. Krisenmanagement und Forschung eng miteinander zu verzahnen, hat sich in diesem Fall als großes Glück erwiesen. Die Stationierung eines solchen Flugzeugs, wozu immer eine Crew und erfahrene Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zur Auswertung von Daten gehören, bei einem Forschungsinstitut wie dem DLR macht deshalb Sinn. Dafür müsste das DLR aber einen klaren Auftrag aus der Politik erhalten, der sich auch finanziell im Budget niederschlägt. Jetzt müssen schnelle Entscheidungen getroffen werden. Deutschland ist im Bereich Forschungsflugzeuge und der dazugehörigen Wissenschaften dank der Forschungsförderung des Bundes sehr gut aufgestellt.

Eyjafjallajökull hat aber auch gezeigt, welche Bereiche weiter ausgebaut werden müssen. Ich bitte Sie deshalb, unserem Antrag zuzustimmen, damit die vor uns liegende Arbeit schnell angepackt werden kann. Denn der Nachbarvulkan von Eyjafjallajökull scheint ebenfalls nicht zu schlafen.


Die Schwerpunkte meiner Arbeit: