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Europäisches Technologieinstitut

Zu Protokoll gegebene Rede zum Thema "Europäisches Technologieinstitut"

21.06.2007

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

EIT - mit dieser Abkürzung beschäftigen wir Forschungspolitiker uns seit fast zwei Jahren. Wie man sich bei dem Anfangsbuchstaben „E“ schon denken kann, geht es dabei um Europa. EIT - steht für das neu einzurichtende „European Institut of Technology“ - im deutschen für das „Europäische Technologieinstitut“.

Die Europäische Union (EU) hat uns bereits viel Positives gebracht. Das gilt für viele Bereiche, so auch für den Bereich Forschung. Mit dem jetzt laufenden 7. europäischen Forschungsrahmenprogramm werden z.B. bis 2013 mehr als 50 Milliarden € in die Forschung in Europa investiert. Es wird davon ausgegangen, dass 20 % dieser Gelder nach Deutschland fließen werden. Wir sind also auf jeden Fall ein Profiteur der europäischen Forschungsfinanzierung. In diesem Jahr ist auch der Europäische Forschungsrat (ERC) eingerichtet worden. Damit wird ein neuer Weg im Bereich der Förderung europäischer Grundlagenforschung betreten. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat dabei bei Arbeitsweise und Strukturen Pate gestanden. Auch hier erhoffen wir uns einen guten Rücklauf im Exzellenzwettbewerb mit internationalen Wissenschaftlern. Bereits jetzt gibt es also gute ausgebaute europäische Forschungsförderungen sowie neue erfolgversprechende Projekte. Warum also eine weitere Einrichtung?

Das EIT als künftiges „Flaggschiff der Innovation in Europa“, wie es Kommissionspräsident Barroso bezeichnete, hat das Ziel, die europäische Wettbewerbsfähigkeit weiter ausbauen. Dabei geht es insbesondere um die ermittelte Lücke zwischen Forschung und Umsetzung. Denn Europa genauso wie Deutschland mangelt es nicht an guten Ideen und klugen Köpfen - das sieht man z.B. bei den Patentanmeldungen. Es hapert an der Umsetzung in Produkte. Auf nationaler Ebene diskutieren wir dazu derzeit verschiedene Ansätze, auf europäischer Ebene soll das EIT ein Schritt zur Schließung dieser Lücke darstellen. Das EIT soll darüber hinaus das Leistungspotenzial im „Wissensdreieck“ Innovation, Ausbildung und Forschung ausschöpfen und die Bereiche stärker miteinander verzahnen. Denn ohne Bildung ist keine Forschung und ohne Forschung keine Innovation möglich!

Die Idee, ein EIT zu errichten, kam 2005 von Kommissionspräsident Barroso. Er wollte damit ursprünglich ein „europäisches“ Massachusetts Institute of Technology (MIT) auf der grünen Wiese errichten. Also eine europäische Universität mit Spitzenforschung. Aber eine Spitzenuniversität kann man eben nicht von oben aus dem Boden stampfen. So etwas muss sich langsam entwickeln. Mitgliedstaaten wie Großbritannien, Portugal und Deutschland, aber auch Forschungsorganisation wie die DFG zweifelten deshalb von Beginn an an dem Konzept. Wäre die Idee nicht direkt von Herr Barroso gekommen, wäre der Entwurf sicher schnell wieder in den Schubladen verschwunden.

Mittlerweile ist das Konzept stark überarbeitet worden. Die Universität „auf der grünen Wiese“ ist vom Tisch, auch Studienabschlüsse sollen nicht mehr durch das EIT vergeben werden. Die einzurichtenden „KICs“ (Knowledge and Innovation Communities) sollen sich nun aus bereits vorhandenen Netzwerken und Partnerschaften virtuell zusammenschließen. Sie bleiben somit weiterhin Teil ihrer Universitäten, Forschungseinrichtungen oder Unternehmen. Wichtige deutsche Forderungen sind somit übernommen wurden.

Am 25. Juni 2007 soll die endgültige Entscheidung über die Einrichtung eines EIT beim Ministerrat für Wettbewerbsfähigkeit beschlossen werden. Dies fällt in die letzte Woche der Deutschen Ratspräsidentschaft. Deutschland trägt bei diesem Thema somit eine besondere Verantwortung. Denn eine Ratspräsidentschaft ist eben nicht die Position, um eigene nationale Meinungen durchzusetzen, sondern eher die eines ehrlichen Maklers, der Kompromisse aufzeigt und Verhandlungsergebnisse erreicht, mit denen alle Beteiligten zufrieden sind. Insofern befindet sich die deutsche Bundesregierung, bekannt für ihre Kritik am EIT, bei dem Thema in einer nicht ganz einfachen Rolle.

Ganz nach dem Motto, was man nicht verhindern kann, sollte man wenigstens in die richtige Richtung lenken, hat die Bundesregierung deshalb ein Kompromisspapier vorgestellt, das die Kritikpunkte am EIT aufrechterhält, gleichzeitig aber den Einstellungen anderer Mitgliedsländer Rechnung trägt. Das EIT soll danach ab 2008 in einer Pilotphase mit zwei KICs beginnen. Die zu bearbeitenden Themen könnten Energie und der Klimawandel sein. Auch zu anderen Punkten wurden Kompromissformulierungen vorgeschlagen. Ich glaube, das Kompromisspapier ist eine gute Arbeitsgrundlage und wird den unterschiedlichen Meinungen innerhalb der EU gerecht.

Ich will an dieser Stelle nur zwei Punkte herausstellen, bei denen ich hoffe, dass die Minister nächste Woche eine belastbare Lösung finden werden: das weitere Verfahren nach der Pilotphase und die Finanzierung des EITs.
Der erste Punkt ist das Verfahren für die Weiterführung des EIT nach der Pilotphase. Wir als SPD-Bundestagsfraktion stimmen dem Konzept eines EIT nur zu, weil zugesichert wurde, dass das EIT bis spätestens 2012 durch externe Sachverständige evaluiert werden soll und danach auf Grundlage dieser Ergebnisse und dem Erreichen der Zielsetzung eines signifikanten Mehrwerts für Innovation, Bildung und Forschung in Europa über die Zukunft des EITs entschieden wird. Das kann in letzter Instanz auch bedeuten, dass das EIT wieder geschlossen wird! Eine weitere Institution auf europäischer Ebene ohne zusätzlichen Nutzen brauchen wir nicht. Regelmäßige Evaluierung, die im Extremfall auch zu Schließung führen kann, sollte der Normalfall für alle Forschungsinstitute sein. Die Evaluierung z.B. innerhalb der Leibnizgesellschaft zeigt, dass dies auch praktikabel ist.

Zur Finanzierung: Die Kommission sieht für die Erfüllung der EIT-Ziele einen Bedarf von über 2,3 Milliarden € für den Zeitraum 2007-2013 vor. Als einzige klar genannte Finanzquelle gibt es bisher die 308 Millionen € aus nicht zugewiesenen Margen der Teilrubrik 1a des EU-Haushaltes. Aber auch diese Summe ist bisher noch nicht gesetzt. Selbst nach einer Zusage bleiben noch 2 Milliarden € übrig, die nicht gegenfinanziert sind. Herr Barroso verkündet immer wieder, dass ein maßgeblicher Teil davon aus der Wirtschaft kommen wird. Auch wir fordern in unserem Antrag eine finanzielle Mindestbeteiligung der Wirtschaft von 50%. Bisher ist aber immer noch vollkommen unklar, ob überhaupt, und wenn ja, von wem wie viel Geld kommen wird. Ein belastbares Finanzierungskonzept ist aber das A und O einer jeden Institution. Bei dem europäischen Galileo-Projekt haben wir gerade erst wieder gesehen, wie problematisch es sein kann, wenn man sich auf Zusagen aus der Wirtschaft verlässt. Schwierig finde ich dies insbesondere unter dem Aspekt, dass es doch gerade die Wirtschaft ist, die aus verstärkter Innovationskraft den größten Gewinn zieht! Das finanzielle Risiko soll hingegen scheinbar doch lieber der Staat tragen und damit der Steuerzahler! So, meine lieben Unternehmen, geht es nicht!

Ich hoffe deshalb, dass nächste Woche, insbesondere zu diesen beiden Punkten, eine tragfähige Lösung gefunden wird. Ich persönlich hätte mir gewünscht, dass man erst einmal den Europäischen Forschungsrat hätte anlaufen lassen und seine Arbeit abgewartet hätte. Denn dieses Projekt ist sehr vielversprechend. Nach einem erfolgreichen Anlaufen hätte man sich dann dem Thema Innovation näher zuwenden können. Vom ERC bin ich überzeugt, von Konzeption und Konstruktion des EIT nicht. Hoffen wir, dass beide Projekte trotzdem erfolgreich werden und Europa im internationalen Wettbewerb um die besten Ideen weiter nach vorn bringen. Die SPD-Bundestagsfraktion wird diesen Prozess auch weiterhin mit der nötigen Aufmerksamkeit verfolgen und kritisch begleiten.

Die Schwerpunkte meiner Arbeit: