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Reaktion auf den Leserbrief von Frau Klinkmann in der WP vom 28.07.2021

Immer wieder erstaunlich, wie dreist AfD-Leute an Fakten vorbei Behauptungen aufstellen! Meine Reaktion auf einen Leserbrief ist hier nachzulesen.

29.07.2021

Es ist schon sehr erstaunlich, wie dreist Frau Klinkmann an Fakten vorbeidiskutiert und einfach mal Behauptungen aufstellt:

  1. Zum Thema „Migrationspakt“ hat Frau Klinkmann schon damals die Verschwörungsbehauptung der AfD verbreitet, dass wir mit dem sog. Migrationspakt nun „endgültig von Millionen Flüchtlingen überschwemmt würden“. Wie ich schon damals höflich zu erläutern versucht habe, ist dies nicht beabsichtigt und schlicht Unfug. Im Gegenteil sinken die Zahlen seit den Höchstständen 2015/16 nicht nur in Breckerfeld massiv, sondern deutschlandweit: 2016 wurden rund 746.000 Asylanträge gestellt, 2020 waren es 122.000 – so wenige, wie seit 2012 nicht mehr (Statistisches Bundesamt). Rechnet man die Menschen heraus, die Deutschland (auch freiwillig) wieder verlassen haben, bleiben etwa 60.000 Menschen, die 2020 zu uns gekommen sind. Die meisten davon aus den Kriegs- und Krisengebieten in Syrien, Afghanistan und Irak. Die Menschen kommen nicht aus freien Stücken, sondern weil sie begründete Angst um ihr Leben haben. Angesichts der Zustände in den Lagern z. B. in Griechenland sollten wir über unsere politischen und moralischen Pflichten nachdenken, aber nicht auf Kosten von Hilfesuchenden politische Süppchen kochen.
  2. Die meisten Menschen verlassen ihre Heimat nicht ohne Grund: Schutz vor politischer Verfolgung oder Aufnahme von Geflüchteten sind nicht nur internationale Grundrechte, sondern eine Frage von Solidarität wohlhabenderer Gesellschaften. Dafür ist mein Vater übrigens heute noch dankbar, dass ihn vor 75 Jahren Menschen in Deutschland aufgenommen oder beherbergt haben, die selbst nichts hatten – anders als heute. Davon zu unterscheiden ist die (Arbeits-)Migration, ohne die wir im Ruhrgebiet und in Deutschland seit 150 Jahren nicht so wohlhabend wären wie wir heute sind. Dazu haben Migranten aus Polen, Italien, der Türkei usw. beigetragen, die längst Teil unserer Gesellschaft sind. Frau Klinkmann  kann sich unser Gesundheits- und Pflegesystem, die Postdienste, Schlachthöfe, Landwirtschaft, Restaurants … mal für einen Moment ohne Menschen mit Migrationshintergrund vorstellen: Es bräche zusammen. Probleme gilt es natürlich auszusprechen, die AfD will aber keine Probleme lösen, sondern aufhetzen, aufwiegeln und ihre menschenverachtende braune Suppe kochen. Auch das sind Erfahrungen aus vier Jahren AfD im Bundestag: Die AfD ist ein Sammelbecken rechtsnationaler, zum Teil offen rechtsradikaler Menschen, die Faschisten in den eigenen Reihen dulden bzw. unterstützen, gegen Ausländer, Homosexuelle und andere hetzen und (laut Verfassungsschutz) Gewalt als probates Mittel sehen. Parteimitglieder – egal ob aktiv oder passiv – die sich dem nicht entgegenstellen und austreten, tragen Hass und Hetze mit.
  3. Die Aussage „niemand in der AfD leugnet den Klimawandel“ ist unfassbar falsch! Wer keine Lust hat, sich AfD-Programme durchzulesen (z. B. wird im Grundsatzprogramm Klimaschutz als „Irrweg“ bezeichnet) kann sich auf www.bundestag.de die Reden der durchweg männlichen AfD-Umweltpolitiker ansehen, die – im Namen der AfD-Fraktion! – den Klimawandel leugnen, plump gegen Umweltschutz agitieren, mehr Atom- und Kohlekraftwerke fordern, oder (Grundsatzprogramm!) „das restriktive Fracking-Gesetz zurückziehen“ wollen! Während die SPD verhindert hat, dass auch in unserer (!) Region nach „unkonventionellem Erdgas und -öl“ gebohrt werden kann, würde die AfD damit auch „Fracking“ in Hagen den Weg bereiten!
  4. Bis auf einige Tausendstel „Wissenschaftler“ ist nicht mehr strittig, dass es einen massiven (menschengemachten) Klimawandel gibt (in einer Metastudie von James Powel (2016) bejahen 99,94 % von 54.195 beteiligten WissenschaftlerInnen den menschengemachten Klimawandel; in einer Studie aus dem Jahr 2013 standen nur 4 (!) von 69.406 WissenschaftlerInnen der These vom menschengemachten Klimawandel kritisch gegenüber). Und nicht, weil man etwas erfinden wollte, sondern weil die Wissenschaft seit Jahrzehnten Veränderungen feststellt und Ursachen erforscht hat. Eine Erkenntnis dabei ist, dass es gleichzeitig auch bei uns immer häufiger Extremwetterereignisse geben wird wie Dürreperioden und Starkregen. Bis vorletzte Woche waren das wissenschaftliche Prognosen, die die AfD angezweifelt und ins Lächerliche gezogen hat – seit zwei Wochen ist es bittere Realität. Man muss schon sehr weit oben auf dem Berg in Breckerfeld wohnen oder Scheuklappen haben, wenn man nicht begreift, dass die Hauptleidtragenden des Klimawandels überwiegend die Menschen sein werden und sind, die sowieso schon ohne Garten in den schlechteren Gegenden an den Hauptverkehrsstraßen wohnen und jetzt ihr Hab und Gut verloren haben (von den globalen Ungerechtigkeiten ganz zu schweigen).
  5. AfD-Vertreter haben offenbar nicht den Mumm, offen zu sagen, was sie wirklich wollen und wofür ihre Partei steht. Deshalb müssen sie an jeder Stelle entlarvt werden. Wehret den Anfängen!

René Röspel, MdB – 29. Juni 2021

 

Quellen:

https://de.statista.com/statistik/daten/studie/76095/umfrage/asylantraege-insgesamt-in-deutschland-seit-1995/

- Powell, James Lawrence: The Consensus on Anthropogenic Global Warming matters, in: Bulletin of Science, Technology & Society, 2016, Vol. 36(3) S. 157–163.

- Powell, James Lawrence: Climate Science Virtually Unanimous: Anthropogenic Global Warming is True, in: Bulletin of Science, Technology & Society, 2015, Vol. 35(5-6) 121–124.

Die Schwerpunkte meiner Arbeit: